Vergleich der politischen Systeme
Die Debatte um die zukünftige Staatsform Deutschlands lässt sich anhand der unterschiedlichen Vorstellungen von parlamentarischer Demokratie und Rätesystem veranschaulichen.
Die parlamentarische Demokratie, wie sie von der SPD favorisiert wurde, sah ein allgemeines Wahlrecht für alle erwachsenen Männer und Frauen vor. Die Gewaltenteilung spielte eine zentrale Rolle: Abgeordnete sollten im Parlament Gesetze beschließen sowie die Regierung wählen und kontrollieren. Die Regierung wiederum war dem Parlament rechenschaftspflichtig. Unabhängige Gerichte sollten nur an Recht und Gesetz gebunden sein.
Definition: Gewaltenteilung - Das Prinzip der Aufteilung der Staatsgewalt in Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (ausführende Gewalt) und Judikative (Rechtsprechung) zur gegenseitigen Kontrolle und Machtbegrenzung.
Im Gegensatz dazu stand das Rätesystem, wie es von den Spartakisten und Teilen der USPD gefordert wurde. Hier sollten nur Arbeiter und Soldaten wahlberechtigt sein. Die Wahlen sollten öffentlich und direkt in Betrieben und Kasernen stattfinden. Das Rätesystem sah eine Zusammenfassung aller exekutiven, legislativen und rechtsprechenden Gewalt beim Proletariat vor.
Example: In einem Rätesystem hätten Arbeiter in einer Fabrik direkt ihre Vertreter gewählt, die dann in höhere Räte entsandt worden wären. Der oberste Rätekongress hätte als höchstes Organ fungiert und der Räteregierung Weisungen erteilt.
Die Entscheidung für die parlamentarische Demokratie bedeutete einen Sieg für das Modell der repräsentativen Demokratie, in dem Abgeordnete für eine bestimmte Zeit gewählt werden und theoretisch nur ihrem Gewissen verpflichtet sind. Dies bildete die Grundlage für die Weimarer Verfassung und die politische Struktur der Weimarer Republik.
Highlight: Die Entscheidung für eine parlamentarische Demokratie war ein Meilenstein in der deutschen Geschichte, bedeutete aber auch eine Enttäuschung für die Anhänger einer sozialistischen Räterepublik.
Der Zeitstrahl der Weimarer Republik beginnt mit diesen grundlegenden Entscheidungen über die Staatsform und setzt sich fort mit der Ausarbeitung der Verfassung und den Herausforderungen, denen sich die junge Demokratie in den folgenden Jahren stellen musste.