Hurrelmanns Modell der produktiven Realitätsverarbeitung
Das Desintegrations-Verunsicherungs-Gewalt Konzept nach Hurrelmann beschreibt die Jugendphase als eigenständige und bedeutsame Lebensperiode, in der die Entwicklung der Persönlichkeit im Mittelpunkt steht. Diese Phase ist geprägt durch die produktive Verarbeitung der inneren und äußeren Realität.
Definition: Die produktive Realitätsverarbeitung nach Hurrelmann beschreibt den Prozess der Persönlichkeitsentwicklung als Wechselwirkung zwischen innerer Realität (Körper, Psyche, Intelligenz) und äußerer Realität (Sozialisationsinstanzen wie Familie, Peers, Schule, Medien).
Die Entwicklungsaufgaben der Jugendlichen lassen sich in vier Hauptbereiche gliedern: Binden (Aufbau von Partnerschaften und familiären Beziehungen), Konsumieren (kompetente Nutzung des Warenmarktes), Qualifizieren (berufliche Vorbereitung) und Partizipieren (gesellschaftliche Teilhabe). Diese Aufgaben müssen parallel bewältigt werden, um eine ausgewogene Persönlichkeitsentwicklung zu ermöglichen.
Beispiel: Ein Jugendlicher muss gleichzeitig schulische Leistungen erbringen (Qualifizieren), soziale Beziehungen aufbauen (Binden), eigenständige Konsumentscheidungen treffen (Konsumieren) und sich in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen einbringen (Partizipieren).
Bei der Bewältigung dieser Entwicklungsaufgaben spielen sowohl personale als auch soziale Ressourcen eine zentrale Rolle. Die personalen Ressourcen unterstützen den Prozess der Individuation, während die sozialen Ressourcen die Integration in die Gesellschaft fördern. Ziel ist die Entwicklung einer balancierten Ich-Identität, die beide Aspekte vereint.
Hinweis: Besonders in Krisenzeiten ist die Unterstützung durch personale und soziale Ressourcen entscheidend, um Entwicklungsdruck konstruktiv zu bewältigen und negative Auswirkungen wie expressive Gewalt nach Heitmeyer oder regressive Gewalt zu vermeiden.