Äußere Merkmale und Bildbeschreibung
Das Bild "6th Avenue at 50th Street" von Thomas Struth zeigt eine charakteristische Großstadtfotografie einer ausgestorbenen Straßenflucht in New York City. Es handelt sich um ein Werk der zeitgenössischen Kunst aus dem Jahr 1978, das der Stilrichtung der Neuen Sachlichkeit zugeordnet werden kann.
Die Fotografie wurde mit einer Großbildkamera aufgenommen und misst 66x84 cm. Sie ist Teil von Struths Serie "Unbewusste Orte" und befindet sich heute im Museum of Art in New York City. Das Bild zeichnet sich durch seinen Detailreichtum und seine Schärfe aus, die durch die verwendete Kameratechnik ermöglicht wurden.
In der Schwarz-Weiß-Darstellung sieht man eine von Hochhäusern gesäumte Straße, die 6th Avenue. Im Vordergrund ist auf der rechten Seite ein älteres Auto zu erkennen, während im Hintergrund weitere Fahrzeuge sichtbar sind. Die Straße selbst erscheint menschenleer und am Rand verschmutzt. Der Himmel im Hintergrund wirkt hell, während die Gebäude im Vordergrund zunehmend dunkler werden.
Highlight: Struth wählte bewusst die 6th Avenue anstelle der berühmteren 5th Avenue als Motiv, was seine Tendenz zum Unkonventionellen unterstreicht.
Analyse und Deutung
Die Komposition des Bildes ist sorgfältig durchdacht und weist mehrere charakteristische Merkmale auf:
- Die Zentralperspektive lenkt den Blick des Betrachters auf die Mitte des Bildes, wo sich die Straße und der Asphalt befinden.
- Eine grobe Symmetrie, erzeugt durch die gegenüberliegenden Häuserfronten, verleiht dem Bild eine sachliche und geordnete Wirkung.
- Die Einstellungsgröße "Totale" unterstreicht den neutral-sachlichen Charakter des Werkes.
- Durch die Staffelung der Elemente entsteht eine räumliche und geplante Wirkung, die die Perspektive und Weite des Bildes betont.
Quote: "Das Fotografieren ist für mich meist ein intellektueller Prozess, um Menschen oder Städte und ihre historischen und phänomenologischen Zusammenhänge zu verstehen. An diesem Punkt ist das Foto fast fertig und als alles, was übrig bleibt, ist der mechanische Prozess." - Thomas Struth über seine Arbeit
Die Lichtverhältnisse im Bild spielen eine wichtige Rolle: Das harte, gerichtete Licht erzeugt starke Hell-Dunkel-Kontraste, die trotz der ausgeglichenen Gesamtwirkung für Spannung sorgen. Die niedrige Farbsättigung in der Schwarz-Weiß-Darstellung verstärkt die eher ungemütliche Atmosphäre des Motivs.
Vocabulary: Phänomenologisch - die Lehre von den Erscheinungen betreffend, hier im Kontext der visuellen Wahrnehmung und Interpretation städtischer Räume.
Bezug zum Fotografen und Fazit
Thomas Struth, geboren 1954, ist ein bedeutender Vertreter der zeitgenössischen Kunst. Seine Werke, insbesondere die Serie "Unbewusste Orte", zu der auch "6th Avenue at 50th Street" gehört, zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:
- Verwendung dokumentarischer Methoden ohne dokumentarische Absicht
- Gesellschaftskritische Darstellung alltäglicher Szenen
- Fokus auf das Unkonventionelle und scheinbar Unbedeutende
- Minimale Bildbearbeitung und Bevorzugung von Schwarz-Weiß-Aufnahmen
- Monumentale Bildformate
Definition: Neue Sachlichkeit - Eine Kunstströmung der 1920er Jahre, die sich durch nüchterne, realistische Darstellungen auszeichnet und in der zeitgenössischen Fotografie weiterlebt.
Struths Werk "6th Avenue at 50th Street" ist ein herausragendes Beispiel für seine Herangehensweise an Stadtlandschaften. Es zeigt seine Fähigkeit, durch eine bedachte Komposition und die Wahl eines ungewöhnlichen Motivs tiefgründige Aussagen über den urbanen Raum zu treffen. Die Fotografie regt den Betrachter zum Nachdenken über die Beziehung zwischen Mensch und gebauter Umwelt an und unterstreicht Struths Position als einer der wichtigsten zeitgenössischen Fotografen.