Nucleophile Substitution - Die zwei Gesichter einer Reaktion
Nucleophile Substitutionen greifen immer an partiell positiv geladenen Kohlenstoff-Atomen an. Das Spannende: Abhängig von der Molekülstruktur und den Reaktionsbedingungen läuft die gleiche Grundreaktion nach komplett unterschiedlichen Mechanismen ab.
Bei der monomolekularen nucleophilen Substitution (SN₁) passiert alles in zwei getrennten Schritten. Zuerst verlässt die Abgangsgruppe das Molekül und hinterlässt ein positiv geladenes Carbenium-Ion. Erst danach greift das Nucleophil an diesem Ion an. Dieser Mechanismus funktioniert besonders gut an tertiären Kohlenstoff-Atomen, weil die umgebenden Alkylgruppen das Carbenium-Ion durch ihre +I-Effekte stabilisieren.
Die bimolekulare nucleophile Substitution (SN₂) ist dagegen ein eleganter Synchronmechanismus. Hier passiert alles gleichzeitig: Das Nucleophil nähert sich, während die Abgangsgruppe das Molekül verlässt - wie ein perfekt choreografierter Tanz. Dieser Mechanismus läuft bevorzugt an primären Kohlenstoff-Atomen ab, weil dort genug Platz für den Angriff ist.
Merktipp: SN₁ = tertiär (stabil durch viele Nachbarn), SN₂ = primär (viel Platz zum Angreifen)
An sekundären Kohlenstoff-Atomen können beide Reaktionstypen auftreten. Hier entscheiden die Reaktionsbedingungen wie Lösungsmittel oder Nucleophil-Konzentration, welcher Mechanismus gewinnt!