"Der Besuch der alten Dame" ist ein dramatisches Werk von Friedrich Dürrenmatt, das die moralische Verderbnis einer Gemeinschaft durch Geld thematisiert.
Die Geschichte spielt in der verarmten Kleinstadt Güllen, wo die Milliardärin Claire Zachanassian nach 45 Jahren zurückkehrt. Sie macht den Bürgern ein schockierendes Angebot: Sie will der Stadt eine Milliarde Franken schenken, aber nur unter der Bedingung, dass Alfred Ill, ihr ehemaliger Geliebter, getötet wird. Ill hatte sie in ihrer Jugend schwanger sitzen lassen und durch falsche Zeugenaussagen ihren Ruf zerstört. Die Güllener lehnen das Angebot zunächst moralisch entrüstet ab, doch nach und nach beginnt die Verlockung des Geldes ihre Wirkung zu zeigen.
In Akt 1 wird die Ausgangssituation dargestellt, während Akt 2 die zunehmende moralische Zerrüttung der Stadtbewohner zeigt. Die Menschen kaufen auf Kredit teure Waren und isolieren Ill zunehmend. In Akt 3 erreicht das Drama seinen Höhepunkt mit der Gemeindeversammlung, bei der Ill schließlich von den Bürgern getötet wird. Die Moral von Der Besuch der alten Dame liegt in der Kritik an der Käuflichkeit der Moral und der Macht des Geldes. Dürrenmatt zeigt, wie wirtschaftliche Not und die Aussicht auf Reichtum die ethischen Grundsätze einer Gesellschaft zersetzen können. Wichtige Textstellen finden sich besonders in den Dialogen zwischen Claire und Ill sowie in den Gemeindeversammlungen, die den moralischen Verfall der Bürger dokumentieren. Die Szenenanalyse offenbart die geschickte dramaturgische Steigerung, mit der Dürrenmatt die Spannung bis zum tragischen Ende aufbaut.