Szenenanalyse: Emilia Galotti - 1. Aufzug, 8. Auftritt
Diese Szene aus Gotthold Ephraim Lessings bürgerlichem Trauerspiel "Emilia Galotti" spielt im Kabinett des Prinzen Hettore Gonzaga. Sie bietet einen tiefen Einblick in den Charakter des Prinzen und seine Beziehung zur Macht.
Highlight: Die Szene dient als Einführung in den skrupellosen und egoistischen Charakter des Prinzen und lässt erste Motive für sein hierarchisches Selbstbild erkennen.
Der Prinz befindet sich in einem Gespräch mit seinem Minister Camillo Rota über Staatsangelegenheiten. Dabei wird deutlich, wie sehr der Prinz von der Nachricht über Emilias bevorstehende Hochzeit mit Graf Appiani aufgewühlt ist. Seine Sprache ist kurz, abgehackt und undurchdacht, was einen starken Kontrast zu seinem sonst kontrollierten und rhetorisch ausgeschmückten Sprachstil darstellt.
Quote: "Kommen Sie [...] Kommen Sie" (Z.1)
Diese Wiederholung unterstreicht die fast erdrückende Eile des Prinzen. Sein Verhalten offenbart mehrere problematische Charakterzüge:
- Mangelndes Pflichtbewusstsein: Der Prinz überlässt wichtige staatliche Entscheidungen seinem Angestellten.
- Gefühlskälte und Empathielosigkeit: Er ist bereit, ein Todesurteil ohne vorherige Prüfung zu unterzeichnen.
- Geringes Interesse am Wohl der Bürger: Seine Aussagen deuten auf ein hierarchisches Selbstbild hin, das typisch für die Adelsschicht ist.
Quote: "Es könnte schon geschehen sein" (Z. 17)
Diese Aussage verdeutlicht die erschreckende Gleichgültigkeit des Prinzen gegenüber dem Leben seiner Untertanen.
Die Szenenanalyse zeigt, wie Lessing die Charakterschwächen des Prinzen geschickt offenlegt und damit die Kritik an der absolutistischen Herrschaft in der Aufklärungsepoche zum Ausdruck bringt. Die Emilia Galotti Personenkonstellation wird hier um wichtige Facetten erweitert, die für den weiteren Verlauf des Dramas von großer Bedeutung sind.