Dr. Heinrich Faust – Der getriebene Gelehrte
Heinrich Faust strebt nach vielem: Menschen etwas zu lehren (V.372b), sie zu bessern und zu belehren (V.373), nach Gut und Geld (V.374), einem sorgenfreien Leben (V.392), weg von den Büchern (V.401), nach Erkenntnis (V.372) und nach Neuem (V.399). Besonders bezeichnend: Er sieht sich als Gottheit (V.562), ist es aber nicht!
Die Regieanweisungen beschreiben Faust als unruhigen Einzelgänger in einem gotischen Zimmer, der an einem Pult sitzt – ein Hinweis auf seine Berufe in der Bildung. Sein zentrales Ziel ist die umfassende Erkenntnis: Er will verstehen, was die Welt zusammenhält, allwissend sein, das Paradies verstehen und einer Gottheit gleichen. Da er dies nicht erreichen kann, rutscht er in eine Existenzkrise.
Fausts bisherige Errungenschaften umfassen Studienabschlüsse in Jura, Philosophie, Medizin und Theologie V.354−356, Titel als Magister und Doktor (V.360) sowie eine Stellung als Lehrer (V.361). Er hält sich für gescheiter als alle "Trottel" (V.366) – ein Ausdruck seiner Überheblichkeit.
Charakteranalyse: Fausts Dilemma liegt darin, dass sein unermesslicher Wissensdurst ihn zwar zu akademischen Höhen geführt hat, ihm aber keine Erfüllung oder tiefere Erkenntnis brachte – eine zeitlose Kritik am rein rationalen Wissenserwerb.