Zeitschichten in "Heimsuchung"
Stell dir vor, ein Haus könnte sprechen und seine ganze Geschichte erzählen - genau das macht Erpenbeck in ihrem Roman. Das Haus am See wird zum stummen Zeugen der deutschen Geschichte von der Weimarer Republik bis heute.
Die verschiedenen Bewohner repräsentieren unterschiedliche historische Epochen: Der Großbauer und Gärtner zur Zeit der Weimarer Republik, der Tuchfabrikant während der NS-Zeit bis 1941, dann ein Architekt mit seiner Frau 1949. Später folgen eine Schriftstellerin 1965, Doris als Eigenbesitzerin ab 1970 und schließlich verschiedene Besucher nach der Wende.
Besonders clever ist Erpenbecks Zeitkonzept: Geschichte passiert nicht nacheinander, sondern neben- und übereinander. Die verschiedenen Schicksale der Hausbewohner überschneiden sich, auch wenn sie zu verschiedenen Zeiten dort leben.
💡 Merktipp: Das Haus funktioniert wie ein Gedächtnis - alle Erlebnisse sind gleichzeitig präsent und beeinflussen sich gegenseitig.
Das macht den Roman zu einer Zeitschichtung, bei der Vergangenheit und Gegenwart gleichzeitig existieren. So entsteht ein komplexes Bild deutscher Geschichte, das zeigt, wie eng Privatschicksale und große historische Ereignisse miteinander verwoben sind.