Vater-Sohn-Konflikt und Rechtssysteme
Die Vater-Sohn-Beziehung steht im Zentrum von Kafkas Werk. Der Vater repräsentiert die bürgerlich-patriarchale Weltordnung mit strengen Ge- und Verboten, während der Sohn sich schuldig und als Versager fühlt. Nach Sigmund Freuds Theorie entwickelt das Über-Ich moralische Vorstellungen durch Elterneinfluss.
Früher herrschte ein archaisches Strafrecht basierend auf Vergeltung, ohne Prozess oder Verteidigung. Der alte Kommandant baute die Maschine, lud Kinder zu Exekutionen ein und hatte charismatische Macht über seine Anhänger. Die Urteilssprechung beruhte auf Willkür, nicht auf Gesetzen.
Heute zielt das Rechtssystem auf Ausgleich und rationale Begründung ab. Der neue Kommandant steht für Unschuldsvermutung, Verurteilung vor Gericht und Unabhängigkeit der Richter. Strafen müssen mit Beweisen, Indizien und Zeugen belegt werden.
Zentrale Erkenntnis: Der Reisende besucht die Strafkolonie genau in der Phase des Übergangs vom alten, strengen zum neuen, liberalen Rechtssystem.