Ludwig Feuerbach: Gott als menschliche Projektion
Stell dir vor, jemand behauptet: "Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde" - genau das Gegenteil von dem, was in der Bibel steht! Feuerbach war überzeugt, dass Gott nur eine Projektion des Menschen ist, also eine Art idealisiertes Spiegelbild unserer eigenen Wünsche.
Seine Logik funktioniert so: Menschen sind fehlerhaft, begrenzt und sterblich. Deshalb träumen wir von einem Wesen, das alle unsere positiven Eigenschaften (Liebe, Weisheit, Gerechtigkeit) perfekt verkörpert, aber ohne unsere Schwächen. Verschiedene Kulturen stellen sich Gott deshalb auch unterschiedlich vor - je nach ihren eigenen Bedürfnissen.
Das Problem dabei? Laut Feuerbach führt diese Projektion zur Selbstentfremdung. Der Mensch gibt seine besten Eigenschaften an ein inexistentes Wesen ab und wird dadurch innerlich gespalten. Seine Lösung: Emanzipation von der Religion und Hinwendung zu einem radikalen Humanismus - "Der Mensch ist dem Menschen ein Gott."
Wichtig für die Klausur: Feuerbachs Kernthese lautet "Theologie = Anthropologie" - Gotteslehre ist eigentlich nur Menschenlehre in verkleideter Form.
Was das konkret bedeutet: Statt auf Gott zu hoffen, soll der Mensch sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, politisch mündig werden und die Welt nach seinen eigenen Bedürfnissen gestalten. Feuerbach entwickelte dafür seine anthropologische Philosophie, die den Menschen ins Zentrum stellt.
Natürlich gibt es auch Kritik an seiner Theorie: Selbst wenn Religion Projektionen enthält, beweist das noch lange nicht, dass Gott nicht existiert. Außerdem projiziert Feuerbach selbst - nämlich sein Ideal eines "mündigeren Menschen der Zukunft."