Literarische Verarbeitung und Nachwirkung
"Peter Moors Fahrt nach Südwest" ist ein prägnantes Beispiel für koloniale Jugendliteratur. Die scheinbar authentische Erzählperspektive eines jungen Freiwilligen macht den Text besonders wirksam. Der Roman verwendet literarische Mittel, um die koloniale Ideologie zu transportieren: Die Herero werden durchgehend als "Feinde" bezeichnet, ihr Widerstand als sinnlos dargestellt.
Bemerkenswert ist, wie der Text moralische Zweifel aufwirft, nur um sie sogleich wieder zu entkräften. Die Bemerkung Peters, dass sie ihren "Bruder getötet" hätten, wird nicht zum Anlass einer echten moralischen Reflexion. Stattdessen dient sie dazu, die Überlegenheitsideologie noch stärker zu bekräftigen.
Die hohen Auflagen des Romans - besonders in den 1930er Jahren während der NS-Zeit - zeigen, wie anschlussfähig die koloniale Ideologie für den Nationalsozialismus war. Die Vorstellung von "höherwertigen" und "minderwertigen" Völkern bildete eine ideologische Brücke zwischen Kolonialismus und NS-Rassenpolitik.
Frenssens Roman hatte eine langanhaltende Wirkung auf das deutsche Kolonialbewusstsein. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde die deutsche Kolonialgeschichte kritisch aufgearbeitet. 2021 erkannte die Bundesregierung offiziell den Völkermord an den Herero und Nama an und sagte Entschädigungszahlungen zu.
Relevanz für heute: Die kritische Auseinandersetzung mit solchen Quellen hilft uns, koloniale Denkstrukturen zu erkennen, die teilweise bis heute nachwirken. Die Debatte um koloniales Erbe, Raubkunst und Entschädigungen ist hochaktuell.