Die Massivbauweise funktioniert ganz simpel: Die Wände tragen gleichzeitig das Gebäude und schließen die Räume ab. Bei der Skelettbauweise übernimmt dagegen ein Rahmengerüst aus Stahlbeton die tragende Funktion - die Wände können dann frei gestaltet werden.

Stahlbeton war der Game-Changer der Moderne. Durch die Stahleinlagen kann Beton plötzlich auch Zugkräfte aufnehmen und ermöglichte völlig neue Bauformen. Die Außenwände verlieren ihre tragende Funktion und werden zu freien Gestaltungselementen.

Der Internationale Stil ab 1920 wollte überall auf der Welt gleich aussehen - funktional, minimal, ohne örtliche Besonderheiten. Le Corbusier war einer der wichtigsten Vertreter. Kritiker bemängelten später die monotonen Hochhäuser, die überall entstanden.

Merke dir: Stahlbeton revolutionierte das Bauen, weil plötzlich die Wände nicht mehr das Gebäude tragen mussten!

Minimalismus in der Architektur bedeutet: weniger ist mehr! Diese Strömung des 20./21. Jahrhunderts setzt auf reduzierte Formen als Gegenpol zu expressionistischen Rundungen und Zacken. Oft werden hochwertige Materialien wie unverputzter Beton gezielt eingesetzt.

Die Moderne oder der Modernismus prägten die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts bis 1945. Das Bauhaus in Deutschland war dabei die wichtigste Kunsthochschule, die diese Ideen verbreitete.

New Urbanism entstand ab Ende der 1980er in den USA als Reaktion auf die Zersiedelung. Das Vorbild waren gewachsene Altstädte mit Blockrandbebauung - mehrgeschossige Gebäude um einen begrünten Innenhof.

Der Deutsche Werkbund förderte die Verbindung von Ästhetik und industrieller Fertigung. "Form follows function" und "Less is more" wurden zu den Leitsätzen der modernen Architektur.

Gut zu wissen: Der Grundsatz "Form follows function" bedeutet, dass die Gestaltung immer aus der Funktion heraus entwickelt wird - nicht umgekehrt!

Le Corbusier (1887-1965) war der wichtigste Wegweiser der Moderne und ein echter Revolutionär. Seine "nützlichen Reisen" durch Europa von 1907-1912 prägten seine Sicht auf die Architektur. 1923 veröffentlichte er sein berühmtes Manifest "Fünf Punkte zu einer neuen Architektur".

Seine Ziele waren radikal: Er wollte die Städte durch kompletten Neubau verbessern. Die Funktionen Wohnen, Arbeiten und Fortbewegung sollten getrennt, aber trotzdem miteinander verbunden werden. Das Gemeinschaftsgefüge sollte gestärkt werden, ohne die individuellen Bedürfnisse zu vergessen.

Le Corbusiers Vision war das "Haus als Maschine zum Wohnen" - alles sollte eine klare Funktionalität haben. Hohe Standardisierung und Uniformierung prägten seine Konzepte. Die Unité d'Habitation wurde zum Grundmodul für eine funktionale Stadt.

Seine städtebaulichen Utopien wollten eine neue Gesellschaft in einer Idealstadt schaffen. Die Unité sollte als "vertikale Stadt" die beengten traditionellen Städte ersetzen und das Wohnen erträglicher machen.

Kritisch betrachtet: Le Corbusiers hohe Standardisierung ließ wenig Spielraum für individuelle Lösungen - ein "stilistisches Gefängnis"!

Das Modulor-System (1942-1955) orientiert sich an menschlichen Körpermaßen - 1,83m Körpergröße plus ausgestreckter Arm ergeben 2,26m (typische Deckenhöhe). Vom Bauchnabel aus wird der Goldene Schnitt angewendet. Ziel war es, Architektur am menschlichen Maßstab zu orientieren.

Die "Fünf Punkte zu einer neuen Architektur" (1923) revolutionierten das Bauen komplett:

Die Pilotis - tragende Beton- oder Stahlstützen lassen das Haus schweben und schaffen freie Bodenfläche. Die Dachgärten nutzen das Flachdach als Terrasse und bieten perfekte Wärme-/Kälteisolation. Die freie Grundrissgestaltung wird möglich, weil Stützen statt Wände das Gebäude tragen.

Das Langfenster erstreckt sich über die gesamte Gebäudelänge und sorgt für gleichmäßige Beleuchtung und Panoramablick. Die freie Fassadengestaltung trennt die äußere Gestaltung von der Baustruktur - Fenster können in beliebigen Größen gesetzt werden.

Die "drei natürlichen Freunde" - Licht, Raum und Grün - sollen das urbane Gefüge an menschliche Bedürfnisse anpassen. Béton brut (roher Sichtbeton) wurde zu seinem ästhetischen Markenzeichen und prägte den Brutalismus.

Innovative Erkenntnis: Die Trennung von tragender Struktur und Fassade ermöglichte völlig neue architektonische Freiheiten!

Brise-soleil sind fest montierte Sonnenschutzgitter, die im Sommer die hochstehende Sonne abhalten, aber im Winter die tief stehende Sonne durchlassen - genial einfach und effektiv!

Die Charta von Athen (1933) diskutierte die "funktionale Stadt" und forderte die Auflösung klassischer Stadtverdichtung durch große Freiflächen und funktionale Trennung nach Wohnen, Büros, Gewerbe - die autogerechte Stadt.

Ville radieuse ("Strahlende Stadt") setzte auf Geometrie, gerade Linien und Standardisierung. Innenstädte sollten durch Wohneinheiten von bis zu 1.600 Bewohnern und Grünflächen verdichtet werden.

Das Dom-Ino-Haus war Le Corbusiers Prototyp für kostensparenden, schnellen Wohnraum nach dem Krieg. Wie Dominosteine ließen sich standardisierte Stahlbeton-Skelettbauten zusammenfügen - einfache Konstruktion aus Stützen, Böden, Decken und Treppenaufgang.

Die Villa Savoye (1928-1931) ist heute UNESCO-Welterbe und eines der bedeutendsten Wohnhäuser der Moderne. Sie setzte konsequent die "Fünf Punkte" um und war als Lebensraum für mobile Menschen konzipiert.

Historischer Kontext: Le Corbusier baute insgesamt 75 Gebäude in 12 Ländern und hinterließ 8.000 Handzeichnungen!

Die Villa Savoye steht auf einem ausgedehnten Grundstück, umgeben von Laubbäumen mit Ausblick auf die Seine. Das Erdgeschoss ist mit Stützen zurückgezogen, das Obergeschoss schwebt elegant darüber. Der Freiraum dient als Zufahrt zur integrierten Garage - der Halbkreis hat denselben Radius wie der Wendekreis eines Citroën von 1927!

Eine Rampe führt vom ersten Stock zu den Wohnräumen, die sich in alle vier Richtungen öffnen. Von der Terrasse geht es über die Rampe im Außenraum aufs Dach. Glasschiebewände und der Terrassengarten schaffen windgeschützte Sonnenterrassen.

Die Weißenhofsiedlung (1927) war ein Meilenstein der Moderne. 17 internationale Architekten präsentierten 33 innovative Entwürfe für modernes, gesundes und erschwingliches Wohnen. Organisiert vom Deutschen Werkbund und finanziert von der Stadt Stuttgart, beeinflusste sie die gesamte Architekturentwicklung des 20. Jahrhunderts.

Das Citrohan-Haus von Le Corbusier und Pierre Jeanneret steht dort als Einfamilienhaus. "Ein Haus wie ein Auto, konzipiert wie eine Schiffskabine" - diese "Wohnmaschine" sollte industriell gefertigt werden. Es war die fünfte Fassung seines Prototyps, inspiriert von der Automarke Citroën.

Heute noch relevant: Zehn der ursprünglich 33 Häuser wurden zerstört, aber Le Corbusiers Doppelhaus kann als Museum besichtigt werden!

Das Citrohan-Haus zeigt Le Corbusiers "Wohnmaschine" perfekt: Alles soll ökonomisch, zweckmäßig und energiesparend funktionieren. Die großzügige Verglasung über zwei Stockwerke an den Schmalseiten und die eingezogene Decke mit Treppenaufgang prägen das Erscheinungsbild.

Der Stahlbeton-Skelettbau mit großformatigen Bimshohlsteinen und weißem Verputz steht auf einer Betonplatte ohne Keller. Im Erdgeschoss finden sich alle Nebenräume, das erste Obergeschoss bildet das Hauptgeschoss mit großem Wohnraum und Esszimmer plus kleinem Balkon.

Das Doppelhaus war als "transformables" Haus konzipiert - wie ein Reisezug mit Schlafwagen-Abteilen. Die Betten verschwinden tagsüber in eingebauten Schränken, Schiebewände können den Wohnraum erweitern oder in zwei Schlafzimmer verwandeln.

Das Mädchenzimmer für das Dienstmädchen war in den 1920ern typisch für den "gebildeten Mittelstand". Der nur 60 cm breite Flur erinnert tatsächlich an einen Schlafwagen. Die funktionale Küche mit Betonarbeitsplatte und Gasherd sollte optimale Organisation der Hausarbeit ermöglichen.

Clevere Raumnutzung: Die Idee der Schiebewände und versenkbaren Betten war revolutionär und wird heute in kleinen Wohnungen wieder geschätzt!

Die Unité d'Habitation in Marseille (1947-1952) ist Le Corbusiers berühmteste Großwohneinheit und Prototyp seiner städtebaulichen Visionen. Sie basiert auf dem theoretischen Modell "Ville Radieuse" und sollte das Grundmodul für eine funktionale Stadt werden.

Das Konzept bricht komplett mit traditionellen Wohnhäusern - es ist eine eigenständige Großwohneinheit, die das urbane Gefüge an menschliche Bedürfnisse anpassen soll. Die "drei natürlichen Freunde" - Licht, Weite und Grün - bestimmen die Gestaltung.

Die Schottenbauweise mit Pilotis 7m über dem Boden lässt das Gebäude schweben und integriert es in die Umgebung. Die statische Skelettkonstruktion funktioniert wie ein Flaschenregal - die Wohnungen gelten als Flaschen und können theoretisch ausgetauscht werden.

Das 337 Wohnungen umfassende Gebäude ist 135m lang, 24m breit und 56m hoch. Die Nord-Süd-Ausrichtung sorgt für Morgensonne und Ausblick. Brise-soleil und Béton brut prägen die Fassade mit ihrem wechselnden Lichtschattenspiel.

Beeindruckende Dimension: Die Unité war für 1.600 Bewohner konzipiert, aber realistisch nur für 1.200 Menschen geeignet!

Die Unité vereint alle Lebensbereiche unter einem Dach - Wohnen, Arbeiten und Freizeit werden funktional getrennt, aber räumlich verbunden. Die 337 Wohnungen in 23 verschiedenen Grundvarianten bieten Platz für 1-10 Personen-Haushalte.

Wohnen: Jede Standardwohnzelle ist 3,6m breit, 24m lang und 2,26m hoch (nach Modulor). Die Maisonettewohnungen für 2-4 Personen haben 98m² und folgen dem Citrohan-Schnitt. Der Gemeinschaftsbereich umfasst Essbereich und großzügigen Raum mit Balkon, während der Rückzugbereich die Schlafzimmer und Bäder enthält.

Arbeiten: Schneller Zugang zu Arbeitsplätzen durch innere Erschließungsstraßen und Schnellaufzüge. Ökonomische Vorteile entstehen durch innerhäusische Dienstleistungen wie Lebensmittelversorgung und Kinderbetreuung. Die hohe Funktionalität soll mehr Freizeit ermöglichen.

Freizeit: Die Dachterrasse ist zentraler Ort der Gemeinschaft mit sportlichen und kulturellen Einrichtungen sowie Kindergarten. Der umgebende Park dient als Naherholungsgebiet. Ziel war die Stärkung der Verbundenheit zwischen den Bewohnern.

Revolutionäre Idee: Die Unité war als "vertikale Gartenstadt" und "Stadt in der Stadt" konzipiert - ein autarkes Gebilde!

Le Corbusiers Bauauftrag zielte auf die "Bildung einer neuen Gesellschaft innerhalb einer Idealstadt". Die Unité sollte durch vertikales Bauen die Bodenfläche reduzieren und trotzdem menschliche Bedürfnisse erfüllen. Die "drei natürlichen Freunde" blieben dabei das primäre Ziel.

Die Vision einer kollektiven Wohnform als Mischung zwischen Haus und Stadt war revolutionär. Park- und Dachlandschaft sollten einen Idealzustand zwischen Individual- und Gemeinschaftsräumen schaffen.

Kritische Betrachtung: Die hohe Standardisierung ließ wenig Spielraum für individuelle Lösungen. Die Unité als "geschlossene Stadt in der Stadt" bot wenig Raum für Spontaneität als Voraussetzung kultureller Entwicklung. Das autarke Gebilde koppelte sich von der Außenwelt ab.

Trotz Kritik - die Marseiller nannten sie "Maison du Fada" (Haus des Verrückten) - bleibt die Unité hochaktuell. Das Modell der gestapelten Stadt mit modifizierbaren Wohneinheiten übt weiterhin große Anziehungskraft aus. Die Idee städtischer Verdichtung unter Berücksichtigung der "drei Freunde" macht Le Corbusier zum Vorreiter der Moderne.

Bleibendes Erbe: Obwohl die Unité abgelegen vom Zentrum Marseilles liegt, gilt sie heute als wegweisend für nachhaltiges, verdichtetes Wohnen!