John Bowlby war ein Psychoanalytiker und Kinderarzt, der sich intensiv mit der Bindungstheorie befasste. Er postulierte, dass die Bindung an die Mutter ein Triebimpuls zur Befriedigung körperlicher Bedürfnisse ist, der gleichzeitig ein emotionales Grundbedürfnis darstellt. Darüber hinaus verlangt das Kind danach, sich an eine Bezugsperson zu binden. Seine Grundannahmen umfassten die Bedeutung der emotionalen Bedürfnisbefriedigung durch eine bedeutende Bindungsperson sowie das Entwickeln eines inneren Modells von Bindung im ersten Lebensjahr.
Die 4 Bindungstypen nach Bowlby
Bowlby identifizierte vier Bindungsmuster:
- Sichere Bindung: Das Kind weint bei Trennung von der Bindungsperson, zeigt positives Verhalten gegenüber der Bezugsperson und nutzt sie als sichere Basis. Die Bindungsperson reagiert feinfühlig auf die Signale des Kindes und hilft bei der Gefühlsregulierung.
- Unsicher-ambivalente Bindung: Das Kind zeigt heftige Trennungsreaktionen und sucht bei Rückkehr Nähe, zeigt jedoch zusätzlich aggressive Abwehr von Körperkontakt. Die Reaktionen der Bindungsperson sind nicht vorhersehbar.
- Unsicher-vermeidende Bindung: Das Kind zeigt distanziertes Verhalten gegenüber der Bindungsperson und unterdrückt den Ausdruck von Gefühlen. Es steht unter Stress und verlässt sich nicht auf die Bindungsperson.
- Desorganisiert-hoch unsichere Bindung: Das Kind zeigt unsichere Bindung und ist hin- und hergerissen in seiner Reaktion. Weder das Bindungs- noch das Explorationsverhalten sind beständig, und die Bindungsperson löst Angst aus.
Bedeutung der Bindungstypen
Eine sichere Bindung ist ein Schutzfaktor für die Entwicklung des Kindes und geht oft mit positivem Selbstwertgefühl, prosozialem Verhalten, Empathiefähigkeit, Selbstständigkeit und Erkundungsverhalten einher. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass eine sichere Bindung keine Garantie für eine positive Entwicklung ist.
Mary Ainsworth, eine Entwicklungspsychologin, baute auf den Grundlagen von Bowlby auf und entwickelte in den 1970er-Jahren den "Fremde-Situation-Test" zur Verhaltensbeobachtung von einjährigen Kindern. Sie betonte die Bedeutung angemessener Reaktionen auf kindliches Verhalten und die Feinfühligkeit der Bindungsperson, die die Bedürfnisse des Kindes angemessen wahrnimmt.
Der Fremde-Situation-Test
Der "Fremde-Situation-Test" ist ein standardisiertes Verfahren, das verschiedene Bindungsmuster klassifiziert. Die Reaktionen des Kindes in dieser Situation sollen Aufschluss über die Persönlichkeitsmerkmale und das Gefühl der psychischen Sicherheit geben.
Die Bindungsmuster in der Fremde-Situation
Ainsworth identifizierte drei Bindungsmuster anhand des Verhaltens der Kinder in der Fremde-Situation:
- Typ A (unsicher-vermeidend): Das Kind spielt ohne Beachtung der Mutter und zeigt keine Reaktion, wenn die Mutter sich entfernt. Es spielt weiter, auch wenn die Mutter zurückkehrt.
- Typ B (sicher): Das Kind sucht die Rückversicherung der Anwesenheit der Mutter und zeigt beunruhigte Suche nach ihr. Sobald es sich beruhigt hat, spielt es weiter und sucht die Nähe und Beruhigung der Mutter.
- Typ C (unsicher): Das Kind klammert sich bei jedem Versuch der Entfernung der Mutter vom Spielort fest und zeigt ängstliches Trennungsverhalten. Es nimmt keinen Trost an und widersteht häufig dem Körperkontakt.
Klaus und Karin Grossmann sind aktuelle Vertreter der Bindungsforschung, die den Fokus auf Bildungsprozesse in Kindertagesstätten und die Entwicklung von Bindungsverhalten legen.
Grundannahmen und Ziele
Ihre Arbeit baut auf den Grundlagen von Bowlby und Ainsworth auf und untersucht das Bindungsverhalten im Kindergarten, insbesondere die erste räumliche und zeitliche Trennung von der Familie. Ihr Ziel ist es, dass Kinder angstfrei ihre Umgebung erkunden und sich an betreuende Personen binden können, die feinfühlig auf ihre Bedürfnisse reagieren.
Die persönlichen Voraussetzungen und beruflichen Fertigkeiten der Betreuungspersonen spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer sicheren Bindung der Kinder.
Insgesamt tragen die Bindungstheorien von Bowlby, Ainsworth und den Grossmanns dazu bei, die Bedeutung der Bindung für die kindliche Entwicklung zu verstehen, und bieten Ansätze, wie eine sichere Bindung gefördert werden kann.