Aufbau der Tragödie und moderne Interpretation
Die Struktur der griechischen Tragödie folgt einem klaren Schema: Der Prolog führt durch die Amme in die Vorgeschichte ein, die Chorlieder (Stasima) kommentieren das Geschehen emotional, und die fünf Aufzüge entwickeln den Konflikt systematisch bis zur Katastrophe.
Der Chor hat eine Sonderstellung - er steht zwischen Schauspielern und Zuschauern, kommentiert das Geschehen unparteiisch und hilft beim Verständnis der höheren Bedeutung. In Medea sympathisiert der Chor zunächst mit der verlassenen Frau, wendet sich aber entsetzt gegen den geplanten Kindesmord.
Ist Medea eine Heldin? Diese Frage spaltet bis heute die Meinungen. Früher wurde sie als emanzipierte Frau gefeiert, die sich männliche Privilegien erkämpft und heroische Blutrache übt. Aus heutiger Sicht wirkt sie eher als kaltherzig und egoistisch - echter Heroismus bedeutet schließlich, das Gute zu tun und eigene Interessen zurückzustellen.
Diskussionspunkt: Der Chor diskutiert sogar, ob Kinder überhaupt ein Segen sind - angesichts all der Sorgen, Enttäuschungen und Verlustängste, die sie mit sich bringen.