Nathan der Weise - Kontextualisierung und Bedeutung
Lessings Drama ist eine poetische Antwort auf den Fragmentenstreit mit dem Theologen Goeze. Die Figuren spiegeln die Positionen im Streit wider: Nathan Lessing/MosesMendelsohn, Patriarch (Goeze), Recha (aufgeklärtes Bürgertum).
Sprachlich ist das Drama im Blankvers (fünfhebiger Jambus ohne Reim) verfasst, mit spärlichen Regieanweisungen, da die innere Handlung im Vordergrund steht.
Das Werk ist ein Plädoyer für religiöse Toleranz – ein wechselseitiges Dulden unterschiedlicher Bekenntnisse. Nathan appelliert daran, dass das Menschsein wichtiger ist als die Religionszugehörigkeit. Die Theodizee-Frage wird aufgegriffen: Nathan hält trotz schwerer Schicksalsschläge an seinem Glauben fest.
Die Aktualität des Dramas zeigt sich in der fortdauernden Relevanz des Themas Toleranz und Religion. Für Lessings Zeit war die Botschaft fortschrittlich und entwarf eine utopische Menschheitsfamilie.
Die Schlussszene vereint die Figuren statt sie zu entzweien. Die Verwandtschaftsverhältnisse symbolisieren, dass auch Religionen miteinander verwandt sind. Die Familie wird zum Symbol für Toleranz und Humanität.
Kritisch zu bemerken ist: Die Aufklärer im Stück zeigen sich intolerant gegenüber den Unaufgeklärten – ein Widerspruch zum eigenen Toleranzanspruch.
💡 Nathan der Weise ist nicht nur ein Drama über religiöse Toleranz, sondern auch eine Aufforderung zum vernünftigen Dialog zwischen verschiedenen Weltanschauungen – ein Thema, das bis heute nichts an Aktualität verloren hat.