Der Abstieg in die Tragödie
"Am Brunnen" zeigt Gretchens wachsendes Schuldbewusstsein: Ihre Freundin Lieschen erzählt vom Schicksal der geschwängerten und verlassenen Bärbelchen. Früher hätte Gretchen solche Mädchen verurteilt - nun ist sie selbst zur "Sünderin" geworden und möglicherweise schwanger.
Im "Zwinger" betet Gretchen verzweifelt zur Mater dolorosa (der trauernden Mutter Jesu) um Vergebung und Schutz vor Schmach und Tod. Sie hofft, dass Maria ihr Leid nachvollziehen kann.
Die Katastrophe eskaliert in "Nacht. Straße": Valentin, Gretchens Bruder und Soldat, hat von ihrer Schwangerschaft erfahren. Er wartet vor ihrer Tür, um den "Verführer" zu töten. Als Faust und Mephisto kommen, um weitere Geschenke zu bringen, fordert Valentin das Fechtduell. Durch Mephistos Eingreifen erlahmt Valentins Hand, und Faust ersticht ihn.
Sterbend beschuldigt Valentin seine Schwester öffentlich der "Unzucht" und nennt sie eine Hure. Faust muss vor dem drohenden Blutbann (Todesstrafe) aus der Stadt fliehen.
Im "Dom" wird Gretchen von einem bösen Geist gequält, der ihre Schuld aufzählt: Tod der Mutter, Tod des Bruders, ihre verlorene Unschuld und die bestätigte Schwangerschaft. Gretchen fällt in Ohnmacht.
Tragik: Gretchen wird zum Opfer von Fausts Egoismus und Mephistos Machenschaften - sie trägt die Konsequenzen für Taten, die nicht allein ihre sind.