Formaler Aufbau und erste Strophen
Das Gedicht besteht aus sechs Strophen mit je vier Versen im dreihebigen Jambus. Ein regelmäßiger Kreuzreim strukturiert das Werk, wobei sich nur der zweite und vierte Vers jeder Strophe reimen. Auffällig ist der Tempuswechsel vom Präsens zum Präteritum in der ersten Strophe, der durch einen Doppelpunkt markiert wird und das Gedicht in Gegenwart und Erinnerung teilt.
Der Lindenbaum fungiert als zentrales Symbol für die Heimat. Er steht vor einem Tor, was die Trennung des lyrischen Ichs von seiner Heimat verdeutlicht. Die ersten Strophen etablieren den Baum als Ort positiver Erinnerungen, was durch Wendungen wie "süßer Traum" und die Antithese "in Freud und Leide" unterstrichen wird.
In der dritten und vierten Strophe wird die innere Unruhe des lyrischen Ichs beschrieben, das in "tiefster Nacht" wandert. Die Sehnsucht nach der Heimat verstärkt sich, als die Zweige des Baumes beginnen, nach dem "Geselle" zu rufen – ein Hinweis darauf, dass das lyrische Ich männlich ist.
Achtung: Die Zeile "Hier findest du deine Ruh!" kann als Hinweis auf den Tod interpretiert werden – das lyrische Ich sehnt sich danach, in der Heimat friedlich sterben zu können, statt in Einsamkeit zu leben.