Tränen des Vaterlandes - Gryphius' Meisterwerk über Krieg und Zerstörung
Stell dir vor, dein ganzes Land liegt in Trümmern - genau das beschreibt Gryphius in seinem Sonett von 1636. Das Gedicht folgt der klassischen Form mit zwei Quartetten und zwei Terzetten, also 2x4 und 2x3 Versen.
Die erste Strophe schlägt direkt brutal zu: "Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret!" Das lyrische Ich beschreibt, wie feindliche Völkerscharen mit "rasender Posaun" und "donnernder Kartaun" (schwere Geschütze) alles vernichtet haben. Gryphius verwendet hier starke Metaphern wie "das vom Blut fette Schwert", um die Gewalt zu verdeutlichen.
In der zweiten Strophe wird die totale Zerstörung sichtbar: Türme brennen, Kirchen sind umgestürzt, das Rathaus liegt in Schutt und Asche. Besonders erschütternd ist die Erwähnung geschändeter Jungfrauen - Gryphius zeigt hier alle Aspekte des Krieges auf.
Tipp: Achte auf die Alliterationen wie "Schweiß und Fleiß" - sie verstärken die emotionale Wirkung des Gedichts!
Die dritte Strophe führt von der äußeren zur inneren Zerstörung: "Dreimal sind schon sechs Jahr" - also 18 Jahre Krieg! Das Blut fließt so stark, dass die Flüsse von Leichen verstopft sind. Diese Übertreibung (Hyperbel) macht das Ausmaß der Katastrophe deutlich.
Das Schlimmste kommt zum Schluss: Was "ärger als der Tod" ist, nämlich dass den Menschen der "Seelenschatz" - ihr Glaube und ihre Menschlichkeit - genommen wurde. Hier zeigt sich die typische Barock-Thematik von Religion und Verlust.