Novalis: "Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren" (1800)
Du kennst das bestimmt: Manchmal fühlt es sich so an, als würde alles nur noch durch Zahlen und Fakten erklärt werden. Genau dagegen wendet sich Novalis in diesem berühmten Gedicht der Romantik. Er träumt von einer Zeit, in der nicht nur die "Tiefgelehrten" das Sagen haben, sondern auch die Menschen, "die singen oder küssen".
Das Gedicht ist ziemlich clever aufgebaut: Es besteht aus zwölf Versen in einer einzigen Strophe mit Paarreim (aabb). Der vierhebige Jambus unbetont−betont gibt dem Text einen fließenden Rhythmus. Das Ganze ist als Konditionalsatzgefüge konstruiert - "Wenn... dann..." - was zeigt, dass Novalis hier eine Wunschvorstellung beschreibt.
Licht steht für Vernunft und Wissen, Schatten für Unwissenheit. Aber hier wird's interessant: Novalis will nicht das eine gegen das andere ausspielen, sondern beide zu "echter Klarheit" vereinen. Märchen und Gedichte sollen genauso ernst genommen werden wie wissenschaftliche Erkenntnisse.
Merke dir: Dieses Gedicht ist pure Aufklärungskritik - Novalis will zeigen, dass die Welt nicht nur durch Wissenschaft erklärt werden kann, sondern dass auch Geheimnisvolles und Träumerisches seinen Platz haben muss.