Recht vs. Moral: Kelsens Unterscheidung
Recht ist für Kelsen moralisch neutral – Rechtsnormen können, müssen aber nicht mit moralischen Normen übereinstimmen. Es geht um wirkliches und mögliches Recht, nicht um "gerechtes" Recht.
Moral dagegen wird nur sozial sanktioniert (durch Missbilligung), nicht rechtlich. Sie kann zur Legitimation von Staaten dienen, aber auch missbraucht werden.
Kelsens radikale Folgerung: Eine positive Rechtsordnung ist immer gültig, unabhängig von ihrem Inhalt. Aus einem "Sein" kann kein "Sollen" abgeleitet werden.
Kritik an Kelsen: Die reine Rechtslehre blendet die gesellschaftliche Wirklichkeit völlig aus. Paradoxerweise kann sie dadurch jede politische Machtordnung legitimieren und stabilisieren – genau das, was sie vermeiden wollte.
💡 Das Dilemma: Kelsens Ansatz sollte unpolitisch sein, kann aber trotzdem jede Diktatur rechtfertigen.