Merkmale und Gerhart Hauptmann als Beispiel
Das Krasse am Naturalismus war die Verwissenschaftlichung der Kunst - die Autoren wollten ihre Geschichten so exakt wie Forscher schreiben! Sie nutzten den Sekundenstil, bei dem jede Kleinigkeit minutiös beschrieben wird, und zeigten bewusst das Hässliche: überfüllte Wohnungen, Fabriken und schmutzige Kneipen als Schauplätze.
Gerhart Hauptmann (1862-1946) war der Star-Autor dieser Epoche und bekam sogar den Literaturnobelpreis. Seine Novelle "Bahnwärter Thiel" (1887) zeigt perfekt die naturalistischen Merkmale: Ein Mann vernachlässigt seinen Sohn Tobias aus erster Ehe, weil er sexuell abhängig von seiner zweiten Frau Lene ist.
Die tragische Geschichte eskaliert, als Tobias von einem Zug erfasst wird, weil Lene nicht aufgepasst hatte. Thiel dreht durch und ermordet Lene und ihr Kind - typisch für den Naturalismus sind solche passiven Helden, die von ihrem Milieu und ihrer Vererbung bestimmt werden.
Hauptmanns weitere wichtige Werke sind "Die Weber" und "Vor Sonnenaufgang", die alle das harte Leben der Unterschicht ohne Beschönigung darstellen.
Prüfungstipp: Beim Naturalismus geht es immer um wissenschaftliche Genauigkeit, soziale Missstände und Menschen, die Opfer ihrer Umstände sind!