Was ist Recht? - Die Grundlagen verstehen

Das objektive Recht ist wie ein großes Regelwerk für unsere Gesellschaft - alle Gesetze zusammen bilden die Rechtsordnung. Wenn du aber persönlich etwas einfordern kannst (z.B. dein Eigentum zurückverlangen), dann hast du ein subjektives Recht.

Unser Rechtssystem teilt sich in vier große Bereiche auf: Das Zivilrecht regelt Verträge und Streitigkeiten zwischen Privatpersonen, das öffentliche Recht organisiert den Staat, das Strafrecht schützt wichtige Rechtsgüter wie Leben und Eigentum, und das Völkerrecht regelt internationale Beziehungen.

Ein aktuelles Beispiel zeigt die Komplexität: Die "Klima-Kleber" der Letzten Generation blockieren Straßen. Hier greifen mehrere Rechtsgebiete - Strafrecht (Nötigung), Zivilrecht (Schadensersatz) und öffentliches Recht (Versammlungsfreiheit vs. Verkehrssicherheit).

Tipp: Recht ist nicht wie Mathematik - es gibt oft mehrere vertretbare Lösungen, abhängig von der jeweiligen Wertung!

Recht, Sitte und Moral - Wo sind die Grenzen?

Nicht alles, was unmoralisch ist, ist auch strafbar - und umgekehrt! Lügen kann je nach Situation legal oder illegal sein. Beim Bewerbungsgespräch darfst du über private Sachen lügen, aber bei Verträgen wird's schnell zum Betrug.

Das Gewohnheitsrecht entsteht durch jahrelange Praxis, auch ohne geschriebenes Gesetz. Richterrecht entwickelt sich durch Gerichtsurteile - so gibt's heute Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsverletzungen, obwohl das nirgends explizit im Gesetz steht.

Die Generalklausel in § 138 BGB verbietet "sittenwidrige" Geschäfte. Wenn dir jemand einen Kredit mit 8% anbietet, aber im Kleingedruckten steht "pro Monat", ist das sittenwidrig und ungültig.

Die Rechtswissenschaft ist mehr als Paragraphen auswendig lernen. Du lernst Fälle zu durchdringen, juristische Texte zu deuten und verschiedene Rechtsbereiche von der Rechtsgeschichte bis zur Rechtspolitik zu verstehen.

Wichtig: Jura ist keine mechanische Subsumtion - Wertungen und Grundverständnis entwickelst du mit der Zeit!

Zivilrecht - Wenn Privatleute streiten

Stell dir vor: Abiturienten beschädigen beim Feiern eine Schulwand. Welche Konsequenzen drohen? Im Zivilrecht muss Schadensersatz nach § 823 BGB gezahlt werden, im Strafrecht drohen nach § 303 StGB bis zu zwei Jahre Haft oder Geldstrafe.

Der zentrale Begriff ist die Anspruchsgrundlage - eine Rechtsnorm, aus der sich ein Anspruch ergibt. Ein Anspruch ist das Recht, von jemandem ein bestimmtes Verhalten zu verlangen. § 823 BGB ist der wichtigste Paragraph: Wer vorsätzlich oder fahrlässig Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum verletzt, muss Schadensersatz leisten.

Das BGB gibt es seit 1900 und wird ständig modernisiert. 2022 kamen neue Regeln für digitale Produkte dazu. Zum Zivilrecht gehören auch Handelsrecht, Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht.

Merksatz: Im Zivilrecht gilt: Wer die Freiheit eines anderen einschränken will, braucht eine Rechtsvorschrift als Grundlage!

Strafrecht - Wenn der Staat eingreift

Das Strafrecht ist das schärfste Schwert des Staates - hier darf sogar dein Handy abgehört oder Untersuchungshaft angeordnet werden. Deshalb gelten besonders strenge Anforderungen. Es greift nur bei wichtigen Rechtsgütern und wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen (Subsidiaritätsprinzip).

Ein Beispiel: Anton gräbt eine Baugrube und ein Kind stürzt hinein. Das kann fahrlässige Körperverletzung sein (§ 229 StGB). Im Strafrecht ermittelt der Staat von sich aus, während im Zivilrecht das Kind bzw. seine Eltern selbst klagen müssen.

Wichtige Grundsätze: Strafgesetze müssen vom Parlament beschlossen (Gesetzlichkeitsprinzip) und präzise formuliert sein (Bestimmtheitsgebot). Ein Gesetz wie "Wer der Allgemeinheit unerträglich ist, wird bestraft" wäre viel zu unbestimmt.

Das Strafverfahren läuft so ab: Nach einer Anzeige ermittelt die Staatsanwaltschaft (sie ist der "Boss"), sammelt Beweise und kann Durchsuchungen anordnen. Bei ausreichendem Verdacht folgt die Anklage vor Gericht.

Krass aber wahr: Die Aufklärungsquote bei Ladendiebstählen liegt bei fast 90% - du wirst also sehr wahrscheinlich erwischt!

Fallbearbeitung im Strafrecht - So geht's systematisch

Bei der Fallbearbeitung gehst du nach dem Deliktsaufbau vor: Erst prüfst du den Tatbestand (ist das Verhalten überhaupt verboten?), dann die Rechtswidrigkeit (war es trotzdem erlaubt, z.B. Notwehr?) und schließlich die Schuld (konnte der Täter etwas dafür?).

Interessante Kriminologie-Facts: 2021 gab es 643 Mordverdachtsfälle in Deutschland - Tendenz seit 1996 um 40% sinkend! Das meist registrierte Delikt ist Diebstahl mit 30%, aber auch hier sinkt die Zahl stark (um fast 60%).

Die meisten Opfer von Tötungsdelikten sind zwischen 18-21 Jahre alt. Insgesamt wurden 2021 über 5 Millionen Straftaten registriert.

Im Studium lernst du die Voraussetzungen der Strafbarkeit, wichtige Tatbestände wie Totschlag und Diebstahl, sowie das Strafverfahren. Besondere Bereiche sind Jugendstrafrecht, Medizinstrafrecht und sogar Völkerstrafrecht.

Studien-Tipp: Der objektive Tatbestand fragt "Was ist passiert?", der subjektive "Was wollte der Täter?"

Öffentliches Recht - Wie der Staat funktioniert

Das öffentliche Recht gliedert sich in Staatsrecht, Verwaltungsrecht, Völkerrecht/Europarecht und Strafrecht. Das Staatsrecht organisiert die obersten Staatsorgane und definiert deine Rechte als Staatsbürger - alles muss mit dem Grundgesetz vereinbar sein.

Das Verwaltungsrecht regelt, wie Behörden arbeiten müssen. Die Verwaltung ist an Gesetze gebunden und darf nur das tun, was ihr erlaubt ist. Man unterscheidet zwischen allgemeinem und besonderem Verwaltungsrecht.

Das besondere Verwaltungsrecht umfasst viele Lebensbereiche: Polizeirecht bestimmt, wann und wie die Polizei eingreifen darf. Baurecht regelt, was wo gebaut werden darf. Kommunalrecht organisiert Gemeinden und ihre Aufgaben.

Die Aufgaben des Staates sind klar definiert: Sicherheit gewährleisten und das Gemeinwohl fördern. Diese Ziele sind im BGB und Grundgesetz verankert und geben dem staatlichen Handeln Legitimation.

Wichtig: Die Verwaltung hat eine strikte Gesetzesabhängigkeit - sie darf nur handeln, wenn ein Gesetz es erlaubt!

Europarecht - Warum EU-Recht auch dich betrifft

Europarecht begegnet dir täglich: Binnenmarkt, Reisefreiheit in der EU, Verbraucherschutz und Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die EU entwickelte sich von den Römischen Verträgen (1957) über Maastricht (1993) bis zum Vertrag von Lissabon (2009).

Die Beitrittsvoraussetzungen sind die Kopenhagener Kriterien: politische Stabilität, funktionierende Marktwirtschaft und die Fähigkeit, EU-Recht umzusetzen. Alle 27 Mitgliedsstaaten müssen die EU-Werte respektieren (Art. 7 EUV).

Die Hierarchie der Rechtsquellen ist klar: Europarecht geht nationalem Recht vor, Bundesrecht bricht Landesrecht. An der Spitze steht das EU-Primärrecht, dann folgt Sekundärrecht, darunter das deutsche Grundgesetz.

Die wichtigsten EU-Organe: Das Europäische Parlament (direkt gewählt, aber ohne Initiativrecht), der Europäische Rat (Regierungschefs), die Europäische Kommission (vertritt EU nach außen) und der Europäische Gerichtshof (überprüft Rechtmäßigkeit).

Fun Fact: Die EU definiert sogar, wie eine echte Pizza Napoletana zubereitet werden muss!

Aktuelle EU-Konflikte und Kritik

Der Brexit zeigte: Austreten ist möglich (Art. 50 EUV), aber kompliziert. Das EZB-Urteil führte zu Spannungen - das Bundesverfassungsgericht sah Kompetenzüberschreitung beim Staatsanleihekauf, der EuGH widersprach. Polen sorgt für Konflikte um Rechtsstaatlichkeit - wer definiert, was das bedeutet?

Kritikpunkte an der EU: Demokratiedefizit (das Parlament hat wenig Macht), Bürokratiemonster, Souveränitätsverlust der Nationalstaaten, Probleme mit Personenfreizügigkeit und dem Euro als mögliche Transferunion.

Positive Aspekte: Kein Krieg zwischen EU-Staaten seit 1945, starker Binnenmarkt, grenzenloses Europa, hoher Verbraucherschutz, einheitliche Bildungsabschlüsse und Stärkung der Menschenrechte.

Im Jurastudium ist Europarecht Pflichtfach mit zwei Wochenstunden. Du lernst die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von EU-Recht, Warenverkehrsbeschränkungen (wie das deutsche Reinheitsgebot für Bier) und Reiseverkehrsrichtlinien.

Zukunftsperspektive: EU-Recht wird immer wichtiger - perfekte Berufschancen für Juristen mit Europarecht-Kenntnissen!