"Der Besuch der alten Dame" ist ein bedeutendes Theaterstück von Friedrich Dürrenmatt, das die moralische Verwandlung einer Gemeinschaft unter dem Einfluss von Geld und Rache thematisiert.
Die Handlung dreht sich um Claire Zachanassian, die als reichste Frau der Welt in ihre verarmte Heimatstadt Güllen zurückkehrt. Sie bietet den Bürgern eine Milliarde unter der Bedingung, dass sie Alfred Ill töten, der sie in ihrer Jugend schwanger sitzen ließ und ihr Leben zerstörte. Zunächst lehnen die Güllener den Vorschlag empört ab, doch nach und nach beginnt die Verlockung des Geldes ihre Moral zu zersetzen. Alfred Ill durchlebt währenddessen eine bemerkenswerte Charakterentwicklung - vom anfänglichen Leugnen seiner Schuld bis zur schließlichen Akzeptanz seines Schicksals.
Das Werk ist als tragische Komödie konzipiert und verbindet geschickt humoristische Elemente mit tiefgründiger Gesellschaftskritik. Dürrenmatt nutzt verschiedene sprachliche Mittel, wie Ironie, Groteskes und Symbolik, um die zunehmende moralische Verwahrlosung der Güllener Bürger darzustellen. Besonders der Bürgermeister verkörpert den moralischen Verfall, indem er zunächst Ills Verteidiger ist, später jedoch dessen Hinrichtung als Akt der Gerechtigkeit rechtfertigt. Die Moral des Stücks liegt in der kritischen Auseinandersetzung mit der Käuflichkeit von Gerechtigkeit und der Frage, wie weit Menschen für Wohlstand zu gehen bereit sind. Die detaillierte Szenenanalyse verschiedener Schlüsselmomente, besonders in den Seiten 35-40 und 86-91, zeigt die geschickte dramaturgische Entwicklung der Handlung und die allmähliche Transformation der Charaktere.