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Der Besuch der alten Dame Akt 1 BUCH

26.4.2021

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Die Besucher Personen Claire Zachanassian, geb. Wäscher Multimillionärin (Armenian-Oil) Ihre Gatten VII-IX Der Butler Toby } kaugummikauend Roby Koby } blind Loby Die Besuchten Ill Seine Frau Seine Tochter Sein Sohn Der Bürgermeister Der Pfarrer Der Lehrer Der Arzt Der Polizist Der Erste Der Zweite Der Dritte Der Vierte Der Maler Erste Frau Zweite Frau Fräulein Luise Bürger Die Sonstigen Die Lästigen Bahnhofsvorstand Zugführer Kondukteur Pfändungsbeamter Pressemann I Pressemann II Radioreporter Kameramann Ort: Güllen, eine Kleinstadt Zeit: Gegenwart Pause nach dem zweiten Akt Geschrieben 1955. Uraufführung im Schauspielhaus Zürich am 29. Januar 1956 Erster Akt Glockenton eines Bahnhofs, bevor der Vorhang aufgeht. Dann die Inschrift: Güllen. Offenbar der Name der kleinen Stadt, die im Hintergrund angedeutet ist, rui- niert, zerfallen. Auch das Bahnhofgebäude verwahrlost, je nach Land mit oder ohne Absperrung, ein halbzerrisse- ner Fahrplan an der Mauer, ein verrostetes Stellwerk, eine Türe mit der Aufschrift: Eintritt verboten. Dann, in der Mitte, die erbärmliche Bahnhofstraße. Auch sie nur ange- deutet. Links ein kleines Häuschen, kahl, Ziegeldach, zerfetzte Plakate an der fensterlosen Mauer. Links Tafel: Frauen, rechts: Männer. Alles in eine heiße Herbstsonne getaucht. Vor dem Häuschen eine Bank, auf ihr vier Männer. Ein fünfter, aufs unbeschreiblichste verwahrlost, wie die andern, beschreibt ein Transparent mit roter Farbe, offenbar für einen Umzug: Willkommen Kläri. Das donnernde, stampfende Geräusch eines vorbeirasen- den Schnellzuges. Vor dem Bahnhof der Bahnhofsvor- stand salutierend. Die Männer auf der Bank deuten mit einer Kopfbewegung von links nach rechts an, daß sie den vorbeirasenden Expreß verfolgen. DER ERSTE Die >Gudrun<, Hamburg-Neapel. DER ZWEITE Um elfuhrsiebenundzwanzig kommt der >Rasende Roland<, Venedig-Stockholm. DER DRITTE Das einzige Vergnügen,...

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das wir noch haben: Zügen nachschauen. Der Besuch der alten Dame 14 DER VIERTE Vor fünf Jahren hielten die ›Gudrun‹ und der >Rasende Roland< in Güllen. Dazu noch der ›Diplo- mat und die ›Lorelei<, alles Expreßzüge von Bedeu- tung. DER ERSTE Von Weltbedeutung. Glockenton. DER EITE Nun halten nicht einmal die Personenzüge. Nur zwei von Kaffigen und der Einuhrdreizehn von Kalberstadt. DER DRITTE Ruiniert. DER VIERTE Die Wagnerwerke zusammengekracht. DER ERSTE Bockmann bankrott. DER ZWEITE Die Platz-an-der-Sonne-Hütte eingegangen. DER DRITTE Leben von der Arbeitslosenunterstützung. DER VIERTE Von der Suppenanstalt. DER ERSTE Leben? DER ZWEITE Vegetieren. DER DRITTE Krepieren. DER VIERTE Das ganze Städtchen. Zuggeräusch, der Bahnhofsvorstand salutiert. Die Män- ner verfolgen den Zug mit einer Kopfbewegung von rechts nach links. DER VIERTE Der >Diplomat<. DER DRITTE Dabei waren wir eine Kulturstadt. DER ZWEITE Eine der ersten im Lande. DER ERSTE In Europa. DER VIERTE Goethe hat hier übernachtet. Im ›Gasthof zum Goldenen Apostel. Erster Akt DER DRITTE Brahms ein Quartett komponiert. Glockenton. DER ZWEITE Berthold Schwarz das Pulver erfunden. DER MALER Und ich habe mit Glanz die Ecole des Beaux- Arts besucht, doch was treibe ich jetzt? Inschriftenma- lerei! 15 DER ZWEITE Höchste Zeit, daß die Milliardärin kommt. In Kalberstadt soll sie ein Spital gestiftet haben. DER DRITTE In Kaffigen die Kinderkrippe und in der Hauptstadt eine Gedächtniskirche. DER MALER Von Zimt, dem naturalistischen Schmierer, ließ sie sich porträtieren. DER ERSTE Die mit ihrem Geld. Die Armenian-Oil besitzt sie, die Western Railways, die Northern Broadcasting Company und das Bangkoker Vergnügungsviertel. Zugsgeräusch. Links erscheint ein Kondukteur, als wäre er eben vom Zuge gesprungen. DER KONDUKTEUR mit langgezogenem Schrei Güllen! DER ERSTE Der Personenzug von Kaffigen. Ein Reisender ist ausgestiegen, geht von links an den Männern auf der Bank vorbei, verschwindet in der Türe mit der Anschrift: Männer. DER ZWEITE Der Pfändungsbeamte. DER DRITTE Geht das Stadthaus pfänden. DER VIERTE Politisch sind wir auch ruiniert. DER BAHNHOFSVORSTAND hebt die Kelle Abfahrt! 16 Der Besuch der alten Dame Vom Städtchen her der Bürgermeister, der Lehrer, der Pfarrer und Ill, ein Mann von fast fünfundsechzig Jahren, alle schäbig gekleidet. DER BÜRGERMEISTER Mit dem Einuhrdreizehn-Personen- zug von Kalberstadt kommt der hohe Gast. DER LEHRER Der gemischte Chor singt, die Jugend- gruppe. DER PFARRER Die Feuerglocke bimmelt. Die ist noch nicht versetzt. DER BÜRGERMEISTER Auf dem Marktplatz bläst die Stadt- musik, und der Turnverein bildet eine Pyramide zu Ehren der Milliardärin. Dann ein Essen im >Goldenen Apostel. Leider reicht es finanziell nicht zur Beleuch- tung des Münsters und des Stadthauses am Abend. DER PFÄNDUNGSBEAMTE kommt aus dem Häuschen Guten Morgen, Herr Bürgermeister. Grüße recht herzlich. DER BÜRGERMEISTER Was wollen Sie denn hier, Pfän- dungsbeamter Glutz? DER PFÄNDUNGSBEAMTE Das wissen Herr Bürgermeister schon. Ich stehe vor einer Riesenaufgabe. Pfänden Sie mal eine ganze Stadt. DER BÜRGERMEISTER Außer einer alten Schreibmaschine finden Sie im Stadthaus nichts. DER PFÄNDUNGSBEAMTE Herr Bürgermeister vergessen das Güllener Heimatmuseum. DER BÜRGERMEISTER Schon vor drei Jahren nach Amerika verkauft. Unsere Kassen sind leer. Kein Mensch be- zahlt Steuern. DER PFÄNDUNGSBEAMTE Muß untersucht werden. Das Land floriert, und ausgerechnet Güllen mit der Platz- an-der-Sonne-Hütte geht bankrott. Ein neuer DER SC DER/ DER7 DERI DERI Fa Glock DER P wie Ab. DER BI dem Der M ILL Da ist zu heißt DER ERS DER ZWI DER DRI DER VIEL DER MAL Zacha fin dai Vorder DER ZWEI Erster Akt 17 DER BÜRGERMEISTER Wir stehen selber vor einem wirt- schaftlichen Rätsel. DER ERSTE Alles von Freimaurern abgekartet. DER ZWEITE Von den Juden gesponnen. DER DRITTE Die Hochfinanz lauert dahinter. DER VIERTE Der internationale Kommunismus zieht seine Fäden. Glockenton. DER PFÄNDUNGSBEAMTE Finde immer etwas. Habe Augen wie ein Sperber. Spähe mal bei der Stadtkasse nach. Ab. DER BÜRGERMEISTER Besser, er plündert uns jetzt als nach dem Besuch der Milliardärin. Der Maler hat seine Inschrift beendet. ILL Das geht natürlich nicht, Bürgermeister, die Inschrift ist zu intim. Willkommen Claire Zachanassian, muß es heißen. DER ERSTE Ist aber Kläri. DER ZWEITE Kläri Wäscher. DER DRITTE Hier aufgewachsen. DER VIERTE Ihr Vater war Baumeister. DER MALER So schreib ich einfach: Willkommen Claire Zachanassian auf die Hinterseite. Wenn die Milliardä- rin dann gerührt ist, können wir ihr immer noch die Vorderseite zudrehen. DER ZWEITE Der ›Börsianer<, Zürich-Hamburg. Ein neuer Expreßzug kommt von rechts nach links. 18 Der Besuch der alten Dame DER DRITTE Immer exakt, die Uhr könnte man nach ihm richten. DER VIERTE Bitte, wer hat hier schon noch eine Uhr. DER BÜRGERMEISTER Meine Herren, die Milliardärin ist unsere einzige Hoffnung. DER PFARRER Außer Gott. DER BÜRGERMEISTER Außer Gott. DER LEHRER Aber der zahlt nicht. DER MALER Der hat uns vergessen. Der Vierte spuckt aus. DER BÜRGERMEISTER Sie waren mit ihr befreundet, Ill, da hängt alles von Ihnen ab. DER PFARRER Sie sind auseinandergegangen damals. Ich hörte eine unbestimmte Geschichte - haben Sie Ihrem Pfarrer etwas zu gestehen? ILL Wir waren die besten Freunde - jung und hitzig - war schließlich ein Kerl, meine Herren, vor fünfundvierzig Jahren und sie, die Klara, ich sehe sie immer noch, wie sie mir durchs Dunkel der Peterschen Scheune entgegenleuchtete oder mit nackten Füßen im Kon- radsweilerwald durch Moos und Laub ging, mit we- henden roten Haaren, biegsam, gertenschlank, zart, eine verteufelt schöne Hexe. Das Leben trennte uns, nur das Leben, wie es eben kommt. DER BÜRGERMEISTER Für meine kleine Rede beim Essen im ›Goldenen Apostel sollte ich einige Details über Frau Zachanassian besitzen. Er zieht ein Notizbüchlein aus der Tasche. - DER LEHRER Ich forschte die alten Schulrodel durch. Die Noten der Klara Wäscher sind leider, leider herzlich Erster Akt 19 schlecht. Auch das Betragen. Nur in der Pflanzen- und Tierkunde genügend. DER BÜRGERMEISTER notierend Gut. Genügend in der Pflanzen- und Tierkunde. Das ist gut. ILL Da kann ich dem Bürgermeister dienen. Klara liebte die Gerechtigkeit. Ausgesprochen. Einmal wurde ein Vagabund abgeführt. Sie bewarf den Polizisten mit Steinen. DER BÜRGERMEISTER Gerechtigkeitsliebe. Nicht schlecht. Wirkt immer. Aber die Geschichte mit dem Polizisten unterschlagen wir besser. ILL Wohltätig war sie auch. Was sie besaß, verteilte sie, stahl Kartoffeln für eine arme Witwe. DER BÜRGERMEISTER Sinn für Wohltätigkeit. Dies, meine Herren, muß ich unbedingt anbringen. Es ist die Hauptsache. Erinnert sich jemand an ein Gebäude, das ihr Vater errichtete? Würde sich in der Rede gut machen. DER MALER Kein Mensch. DER ERSTE Soll versoffen gewesen sein. DER ZWEITE Die Alte lief ihm davon. DER DRITTE Starb im Irrenhaus. Der Vierte spuckt aus. DER BÜRGERMEISTER schließt sein Notizbüchlein Ich für meinen Teil wäre vorbereitet - das übrige muß Ill tun. ILL Ich weiß. Die Zachanassian soll mit ihren Millionen herausrücken. DER BÜRGERMEISTER Millionen - das ist genau die richtige Auffassung. DER LEHRER Mit einer Kinderkrippe ist uns nicht gedient. Der Besuch der alten Dame 20 DER BÜRGERMEISTER Mein lieber Ill, Sie sind seit langem schon die beliebteste Persönlichkeit in Güllen. Ich trete im Frühling zurück und nahm mit der Opposi- tion Fühlung. Wir einigten uns, Sie zu meinem Nach- folger vorzuschlagen. ILL Aber Herr Bürgermeister. DER LEHRER Ich kann dies nur bestätigen. ILL Meine Herren, zur Sache. Ich will vorerst mit der Klara über unsere miserable Lage reden. DER PFARRER Aber vorsichtig - zartfühlend. ILL Wir müssen klug vorgehen, psychologisch richtig. Schon ein mißglückter Empfang am Bahnhof kann alles verteufeln. Mit der Stadtmusik und dem gemisch- ten Chor ist es nicht getan. DER BÜRGERMEISTER Da hat Ill recht. Es ist dies schließlich auch ein wichtiger Augenblick. Frau Zachanassian be- tritt den Boden ihrer Heimat, findet heim, gerührt, Tränen in den Augen, erblickt Altvertrautes. Ich werde natürlich nicht hemdärmlig dastehen wie jetzt, sondern in feierlichem Schwarz mit Zylinder, neben mir die Gattin, vor mir meine zwei Enkelkinder, ganz in Weiß, mit Rosen. Mein Gott, wenn nur alles in Ordnung kommt zur rechten Zeit. Glockenton. DER ERSTE Der ›Rasende Roland<. DER ZWEITE Venedig-Stockholm elfuhrsiebenundzwan- zig. die Der Pfarrer Elfuhrsiebenundzwanzig! Wir haben noch fast zwei Stunden, uns sonntäglich herzurichten. DER BÜRGERMEISTER Die Inschrift >Willkommen Claire Zachanas zeigt auf sten die F Jahr bei d gleich N vention. dern inne wiedergef gen, herz Feuergloc zen. Vor a Das Donner unverständli tern drückt s der Bank spr DER MALER L DER ERSTE H DER ZWEITE I DER DRITTE I DER VIERTE la DER ERSTE er Stockholm DER BAHNHOE ben. Der > Kurve von ler Punkt, schwinden. Von rechts kon rothaarig, Perl Erster Akt 21 Zachanassian< heben Kühn in die Höhe und Hauser. Er zeigt auf den Vierten. Die andern schwenken am be- sten die Hüte. Doch bitte: Nicht schreien wie voriges Jahr bei der Regierungskommission, der Eindruck war gleich Null, und wir haben bis jetzt noch keine Sub- vention. Nicht übermütige Freude ist am Platz, son- dern innerliche, fast Schluchzen, Mitgefühl mit dem wiedergefundenen Kind der Heimat. Seid ungezwun- gen, herzlich, doch muß die Organisation klappen, die Feuerglocke gleich nach dem gemischten Chor einset- zen. Vor allem ist zu beachten ... Das Donnern des nahenden Zuges macht seine Rede unverständlich. Kreischende Bremsen. Auf allen Gesich- tern drückt sich fassungsloses Erstaunen aus. Die fünf auf der Bank springen auf. DER MALER Der D-Zug! DER ERSTE Hält! DER ZWEITE In Güllen! DER DRITTE Im verarmtesten DER VIERTE lausigsten - DER ERSTE erbärmlichsten Nest der Strecke Venedig- Stockholm! DER BAHNHOFSVORSTAND Die Naturgesetze sind aufgeho- ben. Der ›Rasende Roland< hat aufzutauchen in der Kurve von Leuthenau, vorbeizuflitzen und, ein dunk- ler Punkt, in der Niederung von Pückenried zu ver- schwinden. Von rechts kommt Claire Zachanassian, zweiundsechzig, rothaarig, Perlenhalsband, riesige goldene Armringe, auf- Der Besuch der alten Dame gedonnert, unmöglich, aber gerade darum wieder eine Dame von Welt, mit einer seltsamen Grazie, trotz allem Grotesken. Hinter ihr das Gefolge, der Butler Boby, etwa achtzig, mit schwarzer Brille, ihr Gatte VII (groß, schlank, schwarzer Schnurrbart) mit kompletter Angel-Ausrü- stung. Ein aufgeregter Zugführer begleitet die Gruppe, rote Mütze, rote Tasche. 22 CLAIRE ZACHANASSIAN Bin ich in Güllen? DER ZUGFÜHRER Sie zogen die Notbremse, Madame. CLAIRE ZACHANASSIAN Ich ziehe immer die Notbremse. DER ZUGFÜHRER Ich protestiere. Energisch. Die Not- bremse zieht man nie in diesem Lande, auch wenn man in Not ist. Die Pünktlichkeit des Fahrplans ist oberstes Prinzip. Darf ich um eine Erklärung bitten? CLAIRE ZACHANASSIAN Ich bin doch in Güllen, Moby. Ich erkenne das traurige Nest. Dort drüben der Wald von Konradsweiler mit dem Bach, wo du fischen kannst, Forellen und Hechte, und rechts das Dach der Peter- schen Scheune. ILL wie erwachend Klara. DER LEHRER Die Zachanassian. ALLE Die Zachanassian. DER LEHRER Dabei ist der gemischte Chor nicht bereit, die Jugendgruppe! DER BÜRGERMEISTER Die Kunstturner, die Feuerwehr! DER PFARRER Der Sigrist! DER BÜRGERMEISTER Mein Rock fehlt, um Gottes willen, der Zylinder, die Enkelkinder! DER ERSTE Die Kläri Wäscher! Die Kläri Wäscher! Er springt auf und rast ins Städtchen. DER BÜRGERMEISTER ruft Die Gattin nicht vergessen! Erster Akt DER ZUGFÜHRER Ich warte auf eine Erklärung. Dienstlich. Im Namen der Eisenbahndirektion. 23 CLAIRE ZACHANASSIAN Sie sind ein Schafskopf. Ich will eben das Städtchen mal besuchen. Soll ich etwa aus Ihrem Schnellzug springen? DER ZUGFÜHRER Madame. Wenn Sie Güllen zu besuchen wünschen, bitte, steht Ihnen in Kalberstadt der Zwölf- uhrvierzig-Personenzug zur Verfügung. Wie aller Welt. Ankunft Güllen einuhrdreizehn. CLAIRE ZACHANASSIAN Der Personenzug, der in Loken, Brunnhübel, Beisenbach und Leuthenau hält? Sie wol- len mir wohl zumuten, eine halbe Stunde durch diese Gegend zu dampfen? DER ZUGFÜHRER Madame, das wird Sie teuer zu stehen kommen. CLAIRE ZACHANASSIAN Gib ihm tausend, Boby. ALLE murmelnd Tausend. Der Butler gibt dem Zugführer tausend. DER ZUGFÜHRER verblüfft Madame. CLAIRE ZACHANASSIAN Und dreitausend für die Stiftung zugunsten der Eisenbahnerwitwen. ALLE murmelnd Dreitausend. Der Zugführer erhält vom Butler dreitausend. DER ZUGFÜHRER verwirrt Es gibt keine solche Stiftung, Madame. CLAIRE ZACHANASSIAN Dann gründen Sie eine. Der Gemeindepräsident flüstert dem Zugführer etwas ins Ohr. 24 Der Besuch der alten Dame DER ZUGFÜHRER bestürzt Gnädige sind Frau Claire Zachanassian? Oh, pardon. Das ist natürlich etwas anderes. Wir hätten selbstverständlich in Güllen gehal- ten, wenn wir nur die leiseste Ahnung - Sie erhalten Ihr Geld zurück, gnädige Frau – viertausend – mein Gott. ALLE murmelnd Viertausend. CLAIRE ZACHANASSIAN Behalten Sie die Kleinigkeit. ALLE murmelnd Behalten. DER ZUGFÜHRER Wünschen gnädige Frau, daß der ›Ra- sende Roland wartet, bis Sie Güllen besichtigt haben? Die Eisenbahndirektion würde dies mit Freuden billi- gen. Das Münsterportal soll sehenswert sein. Gotisch. Mit dem Jüngsten Gericht. CLAIRE ZACHANASSIAN Brausen Sie mit Ihrem Zug davon. GATTE VII weinerlich Aber die Presse, Mausi, die Presse ist noch nicht ausgestiegen. Die Reporter dinieren ahnungslos im Speisewagen vorne. CLAIRE ZACHANASSIAN Laß sie weiterdinieren, Moby. Ich brauche die Presse fürs erste nicht in Güllen. Und später wird sie schon kommen. Unterdessen hat der Zweite dem Bürgermeister den Rock gebracht. Der Bürgermeister tritt feierlich auf Claire Zachanassian zu. Der Maler und der Vierte auf der Bank heben die Inschrift ›Willkommen Claire Zachanassi ….... beendet. die Höhe. Der Maler hat sie nicht ganz in DER BAHNHOFSVORSTAND hebt die Kelle Abfahrt! DER ZUGFÜHRER Wenn gnädige Frau sich nur nicht bei der Eisenbahndirektion beschweren. Es war ein reines Mißverständnis. Erster Akt 25 Der Zug beginnt sich in Bewegung zu setzen. Der Zug- führer springt auf. DER BÜRGERMEISTER Verehrte, gnädige Frau. Als Bürger- meister von Güllen habe ich die Ehre, Sie, gnädige, verehrte Frau, als ein Kind unserer Heimat ... Durch das Geräusch des davonrasenden Zuges wird der Rest der Rede des Bürgermeisters, der unentwegt weiter- spricht, nicht mehr verstanden. CLAIRE ZACHANASSIAN Ich danke, Herr Bürgermeister, für die schöne Rede. Sie geht auf Ill zu, der ihr etwas verlegen entgegengetre- ten ist. ILL Klara. CLAIRE ZACHANASSIAN Alfred. ILL Schön, daß du gekommen bist. CLAIRE ZACHANASSIAN Das habe ich mir immer vorge- nommen. Mein Leben lang, seit ich Güllen verlassen habe. ILL unsicher Das ist lieb von dir. CLAIRE ZACHANASSIAN Auch du hast an mich gedacht? ILL Natürlich. Immer. Das weißt du doch, Klara. CLAIRE ZACHANASSIAN Es war wunderbar, all die Tage, da wir zusammen waren. ILL stolz Eben. Zum Lehrer Sehen Sie, Herr Lehrer, die habe ich im Sack. CLAIRE ZACHANASSIAN Nenne mich, wie du mich immer genannt hast. Der Besuch der alten Dame 26 ILL Mein Wildkätzchen. CLAIRE ZACHANASSIAN schnurrt wie eine alte Katze Wie noch? ILL Mein Zauberhexchen. CLAIRE ZACHANASSIAN Ich nannte dich: mein schwarzer Panther. ILL Der bin ich noch. CLAIRE ZACHANASSIAN Unsinn. Du bist fett geworden. Und grau und versoffen. ILL Doch du bist die gleiche geblieben. Zauberhexchen. CLAIRE ZACHANASSIAN Ach was. Auch ich bin alt gewor- den und fett. Dazu ist mein linkes Bein hin. Ein Autounfall. Ich fahre nur noch Schnellzüge. Doch die Prothese ist vortrefflich, findest du nicht? Sie hebt ihren Rock in die Höhe und zeigt ihr linkes Bein. Läßt sich gut bewegen. ILL wischt sich den Schweiß ab Wäre nie daraufgekom- men, Wildkätzchen. CLAIRE ZACHANASSIAN Darf ich dir meinen siebenten Gat- ten vorstellen, Alfred? Besitzt Tabakplantagen. Führen eine glückliche Ehe. ILL Aber bitte. CLAIRE ZACHANASSIAN Komm, Moby, verneig dich. Ei- gentlich heißt er Pedro, doch macht sich Moby schö- ner. Es paßt auch besser zu Boby, wie der Kammerdie- ner heißt. Den hat man schließlich fürs Leben, da müssen sich dann eben die Gatten nach seinem Namen richten. Gatte VII verneigt sich. CLAIRE ZACHANASSIAN Ist er nicht nett mit seinem schwar- zen Schnurrbart? Denk nach, Moby. Gatte VII denkt nach. Erster Akt CLAIRE ZACHANASSIAN Fester. 27 Gatte VII denkt fester nach. CLAIRE ZACHANASSIAN Noch fester. GATTE VII Aber ich kann nicht mehr fester nachdenken, Mausi, wirklich nicht. CLAIRE ZACHANASSIAN Natürlich kannst du's. Probier's nur. Gatte VII denkt noch fester nach. Glockenton. CLAIRE ZACHANASSIAN Siehst du, es ging. Nicht wahr, Alfred, so wirkt er fast dämonisch. Wie ein Brasilianer. Das ist aber ein Irrtum. Er ist griechisch-orthodox. Sein Vater war Russe. Ein Pope traute uns. Hochinter- essant. Nun will ich mich in Güllen umschauen. Sie betrachtet das Häuschen links mit einem edelsteinbe- setzten Lorgnon. Diese Bedürfnisanstalt hat mein Va- ter errichtet, Moby. Gute Arbeit, exakt ausgeführt. Ich saß als Kind stundenlang auf dem Dach und spuckte hinunter. Aber nur auf die Männer. Im Hintergrund haben sich nun der gemischte Chor und die Jugendgruppe versammelt. Der Lehrer tritt mit Zylin- der vor. DER LEHRER Gnädige Frau, als Rektor des Güllener Gym- nasiums und Liebhaber der edlen Frau Musica sei T 1 28 Der Besuch der alten Dame es mir erlaubt, mit einem schlichten Volkslied aufzu- warten, dargeboten vom gemischten Chor und der Jugendgruppe. CLAIRE ZACHANASSIAN Schießen Sie los, Lehrer, mit Ihrem schlichten Volkslied. Der Lehrer nimmt eine Stimmgabel hervor, gibt den Ton an, der gemischte Chor und die Jugendgruppe beginnen feierlich zu singen, doch kommt in diesem Augenblick ein neuer Zug von links. Der Bahnhofsvorstand salutiert. Der Chor muß mit dem Rattern des Zuges kämpfen, der Lehrer verzweifelt, endlich ist der Zug vorbei. DER BÜRGERMEISTER untröstlich Die Feuerglocke, man sollte doch die Feuerglocke einsetzen! CLAIRE ZACHANASSIAN Gut gesungen, Güllener. Beson- ders der blonde Baß links außen mit dem großen Adamsapfel war eigenartig. Durch den gemischten Chor drängt sich ein Polizist, nimmt vor Claire Zachanassian Achtungstellung an. DER POLIZIST Polizeiwachtmeister Hahncke, gnädige Frau. Stehe zu Ihrer Verfügung. CLAIRE ZACHANASSIAN mustert ihn Danke. Ich will nie- manden verhaften. Aber vielleicht wird Güllen Sie nötig haben. Drücken Sie hin und wieder ein Auge zu? DER POLIZIST Das schon, gnädige Frau. Wo käme ich in Güllen sonst hin? CLAIRE ZACHANASSIAN Schließen Sie lieber beide. Der Polizist steht etwas verdattert da. Erster Akt 29 ILL lacht Ganz die Klara! Ganz mein Zauberhexchen. Er schlägt sich vergnügt auf die Schenkel. Der Bürgermeister stülpt sich den Zylinder des Lehrers auf den Kopf, stellt die beiden Enkelkinder vor. Zwil- linge, siebenjährig, blonde Zöpfe. DER BÜRGERMEISTER Meine Enkelkinder, gnädige Frau, Hermine und Adolfine. Nur die Gattin fehlt. Er wischt sich den Schweiß ab. Die beiden Mädchen knicksen und überreichen der Zachanassian rote Rosen. CLAIRE ZACHANASSIAN Ich gratuliere zu den beiden Gören, Bürgermeister. Da! Sie drückt die Rosen dem Bahnhofsvorstand in die Arme. Der Bürgermeister gibt heimlich den Zylinder dem Pfar- rer, der ihn aufsetzt. DER BÜRGERMEISTER Unser Pfarrer, gnädige Frau. Der Pfarrer zieht den Zylinder, verneigt sich. CLAIRE ZACHANASSIAN Ei, der Pastor. Pflegen Sie Ster- bende zu trösten? DER PFARRER verwundert Ich gebe mir Mühe. CLAIRE ZACHANASSIAN Auch solche, die zum Tode verur- teilt wurden? DER PFARRER verwirrt Die Todesstrafe ist in unserem Lande abgeschafft, gnädige Frau. CLAIRE ZACHANASSIAN Man wird sie vielleicht wieder ein- führen. Der Besuch der alten Dame 30 Der Pfarrer gibt etwas konsterniert den Zylinder dem Bürgermeister zurück, der ihn wieder aufsetzt. Durch die Menge drängt sich der Arzt Nüßlin. DER BÜRGERMEISTER Doktor Nüßlin, unser Arzt. CLAIRE ZACHANASSIAN Interessant; verfertigen Sie die To- tenscheine? DER ARZT Totenscheine? CLAIRE ZACHANASSIAN Kommt jemand um. DER ARZT Jawohl. CLAIRE ZACHANASSIAN Stellen Sie in Zukunft Herzschlag fest. ILL lachend Wildkätzchen! Was du doch für ausgelassene Witze machst! CLAIRE ZACHANASSIAN Nun will ich ins Städtchen. Der Bürgermeister will ihr den Arm reichen. CLAIRE ZACHANASSIAN Was fällt Ihnen ein, Bürgermeister, ich marschiere nicht meilenweit mit meiner Prothese. DER BÜRGERMEISTER erschrocken Sofort! Sofort! Herr Doktor Nüßlin besitzt ein Automobil. DER ARZT Einen Mercedes aus dem Jahre 32, gnädige Frau. CLAIRE ZACHANASSIAN Nicht nötig. Seit meinem Unfall bewege ich mich nur per Sänfte. Roby und Toby, her damit. Von links kommen zwei herkulische, kaugummikauende Monstren mit einer Sänfte. Einer trägt eine Gitarre auf dem Rücken. CLAIRE ZACHANASSIAN Zwei Gangster aus Manhattan, in Erster Akt 31 Sing-Sing zum elektrischen Stuhl verurteilt. Auf meine Fürbitte zum Sänftentragen freigelassen. Kostete mich eine Million Dollar pro Fürbitte. Die Sänfte stammt aus dem Louvre und ist ein Geschenk des französi- schen Präsidenten. Ein freundlicher Herr, sieht genau so aus wie in den Zeitungen. Tragt mich in die Stadt, Roby und Toby. DIE BEIDEN Yes, Mam. CLAIRE ZACHANASSIAN Doch zuerst in die Petersche Scheune und dann in den Konradsweilerwald. Ich will mit Alfred unsere alten Liebesorte besuchen. Schafft das Gepäck und den Sarg unterdessen in den ›Golde- nen Apostel. DER BÜRGERMEISTER verblüfft Den Sarg? CLAIRE ZACHANASSIAN Ich brachte einen mit. Ich kann ihn vielleicht brauchen. Los, Roby und Toby. Die beiden kaugummikauenden Monstren tragen Claire Zachanassian in die Stadt. Der Bürgermeister gibt ein Zeichen, alle brechen in Hochrufe aus, die sich freilich verdutzt dämpfen, wie nun zwei Dienstmänner einen schwarzen kostbaren Sarg herein und nach Güllen tragen. Doch beginnt in diesem Augenblicke die noch nicht ver- setzte Feuerglocke zu bimmeln. DER BÜRGERMEISTER Endlich! Die Feuerglocke! Die Bevölkerung schließt sich dem Sarg an. Die Zofen der Claire Zachanassian hinterher mit Gepäck und unendli- chen Koffern, die von Güllenern getragen werden. Der Polizist regelt den Verkehr, will dem Zug nachgehen, doch kommen von rechts noch zwei kleine, dicke alte 32 Der Besuch der alten Dame Männer mit leiser Stimme, die sich an der Hand halten, beide sorgfältig gekleidet. DIE BEIDEN Wir sind in Güllen. Wir riechen's, wir rie- chen's, wir riechen's an der Luft, an der Güllener Luft. DER POLIZIST Wer seid denn ihr? DIE BEIDEN Wir gehören zur alten Dame, wir gehören zur alten Dame. Sie nennt uns Koby und Loby. DER POLIZIST Frau Zachanassian logiert im ›Goldenen Apostel. DIE BEIDEN fröhlich Wir sind blind, wir sind blind. DER POLIZIST Blind? Dann führe ich euch zwei mal hin. DIE BEIDEN Danke, Herr Polizist, danke recht schön. DER POLIZIST verwundert Wie wißt ihr denn, daß ich ein Polizist bin, wenn ihr blind seid? DIE BEIDEN Am Tonfall, am Tonfall, alle Polizisten haben den gleichen Tonfall. DER POLIZIST mißtrauisch Ihr scheint Erfahrungen mit der Polizei gemacht zu haben, ihr kleinen dicken Männer. DIE BEIDEN staunend Männer, er hält uns für Männer! DER POLIZIST Was seid ihr denn sonst, zum Teufel! DIE BEIDEN Werden's schon merken, werden's schon merken! DER POLIZIST verdutzt Na, wenigstens immer munter. DIE BEIDEN Kriegen Koteletts und Schinken. Alle Tage, alle Tage. DER POLIZIST Da würde ich auch herumtanzen. Kommt, gebt mir die Hand. Einen komischen Humor haben die Ausländer. Er geht mit den beiden in die Stadt hinein. DIE BEIDEN Zu Boby und Moby, zu Roby und Toby! Erster Akt Verwandlung ohne Vorhang. Die Fassaden des Bahnhofs und des Häuschens schweben in die Höhe. Interieur des ›Goldenen Apostels, ja es kann sich sogar ein Wirtshaus- schild von oben heruntersenken, eine vergoldete, ehrwür- dige Apostelfigur, ein Emblem, das in der Mitte des Raumes schweben bleibt. Untergegangener Luxus. Alles verschlissen, verstaubt, zerbrochen, verstunken, vermo- dert, der Gips abgebröckelt. Der Bürgermeister, der Pfar- rer und der Lehrer sitzen rechts im Vordergrund beim Schnaps und beobachten die endlosen Koffertransporte, die man sich im Zuschauerraum vorzustellen hat. 33 DER BÜRGERMEISTER Koffer, nichts als Koffer. DER PFARRER Haufenweise. Und vorhin wurde in einem Käfig ein Panther hinaufgeschafft. DER BÜRGERMEISTER Ein wildes schwarzes Tier. DER PFARRER Der Sarg. DER BÜRGERMEISTER Wird in ein Extrazimmer gebracht. DER LEHRER Seltsam. DER PFARRER Weltberühmte Damen haben ihre Marotten. DER BÜRGERMEISTER Hübsche Zofen. DER LEHRER Sie scheint länger hier bleiben zu wollen. DER BÜRGERMEISTER Um so besser. Ill hat sie im Sack. Wildkätzchen, Zauberhexchen hat er sie genannt, Millionen wird er aus ihr schöpfen. Auf Ihr Wohl, Lehrer. Darauf, daß Claire Zachanassian Bockmann saniert. DER LEHRER Die Wagnerwerke. DER BÜRGERMEISTER Die Platz-an-der-Sonne-Hütte. Kommt die in Schwung, kommt alles in Schwung, die Ge- meinde, das Gymnasium, der öffentliche Wohlstand. 34 Sie stoßen an. Der Besuch der alten Dame DER LEHRER Seit mehr denn zwei Jahrzehnten korrigiere ich die Latein- und Griechischübungen der Güllener Schüler, doch was Gruseln heißt, Bürgermeister, weiß ich erst seit einer Stunde. Schauerlich, wie sie aus dem Zuge stieg, die alte Dame mit ihren schwarzen Gewän- dern. Kommt mir vor wie eine Parze, wie eine griechi- sche Schicksalsgöttin. Sollte Klotho heißen, nicht Claire, der traut man es noch zu, daß sie Lebensfäden spinnt. Der Polizist kommt, hängt den Helm an einen Haken. DER BÜRGERMEISTER Setzen Sie sich zu uns, Polizeiwacht- meister. Der Polizist setzt sich zu ihnen. DER POLIZIST Kein Vergnügen, in diesem Nest zu wirken. Aber nun wird die Ruine aufblühen. War da eben mit der Milliardärin und dem Krämer Ill in der Peterschen Scheune. Eine rührende Szene. Die beiden waren andächtig wie in einer Kirche. Genierte mich, dabei- zusein. Ich habe mich denn auch entfernt, wie sie in den Konradsweilerwald gingen. Eine regelrechte Pro- zession. Vorne zwei dicke blinde Männer mit dem Butler, dann die Sänfte, dahinter Ill und ihr siebenter Mann mit seinen Angelruten. DER BÜRGERMEISTER Männerverbrauch. DER LEHRER Eine zweite Lais. DER PFARRER Wir sind alle Sünder. Erster Akt 35 DER BÜRGERMEISTER Ich wundere mich, was die im Kon- radsweilerwald suchen. DER POLIZIST Das gleiche wie in der Peterschen Scheune, Bürgermeister. Sie gehen den Lokalitäten nach, wo einst ihre Leidenschaft - wie sagt man - DER PFARRER brannte! DER LEHRER Lichterloh! Da muß man schon an Shake- speare denken. Romeo und Julia. Meine Herren: Ich bin erschüttert. Zum ersten Male Güllen fühle ich antike Größe. DER BÜRGERMEISTER Vor allem wollen wir auf unseren guten Ill anstoßen, der sich jede nur erdenkliche Mühe gibt, unser Los zu bessern. Meine Herren, auf den beliebtesten Bürger der Stadt, auf meinen Nachfolger! Sie stoßen an. DER BÜRGERMEISTER Schon wieder Koffer. DER POLIZIST Was die für ein Gepäck hat. Der Wirtshausapostel schwebt wieder nach oben. Von links kommen die vier Bürger mit einer einfachen Holz- bank, ohne Lehne, die sie links absetzen. Der Erste steigt auf die Bank, ein großes Kartonherz umgehängt mit den Buchstaben AK, die andern stellen sich im Halbkreis um ihn, breiten Zweige auseinander, markieren Bäume. DER ERSTE Wir sind Fichten, Föhren, Buchen. DER ZWEITE Wir sind dunkelgrüne Tannen. DER DRITTE MOOs und Flechten, Efeudickicht. DER VIERTE Unterholz und Fuchsgeheg. Der Besuch der alten Dame 36 DER ERSTE Wolkenzüge, Vogelrufe. DER ZWEITE Echte deutsche Wurzelwildnis. DER DRITTE Fliegenpilze, scheue Rehe. DER VIERTE Zweiggeflüster, alte Träume. Aus dem Hintergrund kommen die zwei kaugummikau- enden Monstren, die Sänfte mit Claire Zachanassian tra- gend, neben ihr Ill. Dahinter der Gatte VII und ganz im Hintergrund der Butler, die beiden Blinden an der Hand führend. CLAIRE ZACHANASSIAN Der Konradsweilerwald, Roby und Toby, haltet mal an. DIE BEIDEN BLINDEN Anhalten, Roby und Toby, anhalten, Boby und Moby. Claire Zachanassian steigt aus der Sänfte, betrachtet den Wald. CLAIRE ZACHANASSIAN Das Herz mit deinem und meinem Namen, Alfred. Fast verblichen und auseinandergezo- gen. Der Baum ist gewachsen, sein Stamm, seine Äste dick geworden wie wir selber. Sie geht zu den anderen Bäumen. Eine deutsche Baumgruppe. Ich ging schon lange nicht mehr im Walde meiner Jugend, stampfte schon lange nicht mehr durch Laub, durch violetten Efeu. Spaziert nun etwas hinter die Büsche, mit eurer Sänfte, ihr Kaugummikauer, ich mag eure Visagen nicht immer sehen. Und du, Moby, wandere nach rechts gegen den Bach zu deinen Fischen. Die zwei Monstren mit der Sänfte links ab. Gatte VII nach rechts, Claire Zachanassian setzt sich auf die Bank. Erster Akt CLAIRE ZACHANASSIAN Schau mal, ein Reh. Der Dritte springt davon. ILL Schonzeit. Er setzt sich zu ihr. CLAIRE ZACHANASSIAN Auf diesem Findling küßten wir uns. Vor mehr als fünfundvierzig Jahren. Wir liebten uns unter diesen Sträuchern, unter dieser Buche, zwi- schen Fliegenpilzen im Moos. Ich war siebzehn und du noch nicht zwanzig. Dann hast du Mathilde Blumhard geheiratet mit ihrem Kleinwarenladen und ich den alten Zachanassian mit seinen Milliarden aus Arme- nien. Er fand mich in einem Hamburger Bordell. Meine roten Haare lockten ihn an, den alten, goldenen Maikäfer. ILL Klara! 37 CLAIRE ZACHANASSIAN Eine Henry Clay, Boby. DIE BEIDEN BLINDEN Eine Henry Clay, eine Henry Clay. Der Butler kommt aus dem Hintergrund, reicht ihr eine Zigarre, gibt ihr Feuer. CLAIRE ZACHANASSIAN Ich schätze Zigarren. Eigentlich sollte ich jene meines Mannes rauchen, aber ich traue ihnen nicht. ILL Dir zuliebe habe ich Mathilde Blumhard geheiratet. CLAIRE ZACHANASSIAN Sie hatte Geld. ILL Du warst jung und schön. Dir gehörte die Zukunft. Ich wollte dein Glück. Da mußte ich auf das meine verzichten. CLAIRE ZACHANASSIAN Nun ist die Zukunft gekommen. ILL Wärest du hier geblieben, wärest du ebenso ruiniert wie ich. 38 Der Besuch der alten Dame CLAIRE ZACHANASSIAN Du bist ruiniert? ILL Ein verkrachter Krämer in einem verkrachten Städt- chen. CLAIRE ZACHANASSIAN Nun habe ich Geld. ILL Ich lebe in einer Hölle, seit du von mir gegangen bist. CLAIRE ZACHANASSIAn Und ich bin die Hölle geworden. ILL Ich schlage mich mit meiner Familie herum, die mir jeden Tag die Armut vorhält. CLAIRE ZACHANASSIAN Mathildchen machte dich nicht glücklich? ILL Hauptsache, daß du glücklich bist. CLAIRE ZACHANASSIAN Deine Kinder? ILL Ohne Sinn für Ideale. CLAIRE ZACHANASSIan Der wird ihnen schon aufgehen. Er schweigt. Die beiden starren in den Wald ihrer Jugend. ILL Ich führe ein lächerliches Leben. Nicht einmal recht aus dem Städtchen bin ich gekommen. Eine Reise nach Berlin und eine ins Tessin, das ist alles. CLAIRE ZACHANASSIAN Wozu auch. Ich kenne die Welt. ILL Weil du immer reisen konntest. CLAIRE ZACHANASSIAN Weil sie mir gehört. Er schweigt, und sie raucht. ILL Nun wird sich alles ändern. CLAIRE ZACHANASSIAN Gewiß. ILL lauernd Du wirst uns helfen? CLAIRE ZACHANASSIAN Ich lasse das Städtchen meiner Jugend nicht im Stich. ILL Wir haben Millionen nötig. Erster Akt 39 CLAIRE ZACHANASSIAN Wenig. na begeistert Wildkätzchen! Er schlägt ihr gerührt auf ibren linken Schenkel und zieht die Hand schmerzer- füllt zurück. CLAIRE ZACHANASSIAN Das schmerzt. Du hast auf ein Scharnier meiner Prothese geschlagen. Der Erste zieht aus der Hosentasche eine alte Tabakpfeife hervor und einen rostigen Hausschlüssel, klopft mit dem Schlüssel auf die Pfeife. CLAIRE ZACHANASSIAN Ein Specht. ILL Es ist wie einst, wie wir jung waren und kühn, da wir in den Konradsweilerwald gingen, in den Tagen unse- rer Liebe. Die Sonne hoch über den Tannen, eine helle Scheibe. Ferne Wolkenzüge und das Rufen des Kuk- kucks irgendwo in der Wurzelwildnis. DER VIERTE Kuckuck! Kuckuck! ILL befühlt den Ersten Kühles Holz und Wind in den Zweigen, ein Rauschen, wie die Brandung des Meeres. Wie einst, alles wie einst. Die drei, die Bäume markieren, blasen, bewegen die Arme auf und ab. ILL Wäre doch die Zeit aufgehoben, mein Zauberhex- chen. Hätte uns doch das Leben nicht getrennt. CLAIRE ZACHANASSIAN Das wünschest du? ILL Dies, nur dies. Ich liebe dich doch! Er küßt ihre rechte Hand. Dieselbe kühle weiße Hand. CLAIRE ZACHANASSIAN Irrtum. Auch eine Prothese. Elfen- bein. Der Besuch der alten Dame 40 ILL läßt entsetzt ihre Hand fahren Klara, ist denn über- haupt alles Prothese an dir! CLAIRE ZACHANASSIAN Fast. Von einem Flugzeugabsturz in Afghanistan. Kroch als einzige aus den Trümmern. Bin nicht umzubringen. DIE BEIDEN BLINDEN Nicht umzubringen, nicht umzu- bringen. Blasmusik ertönt, feierlich getragen. Der Wirtshausapo- stel senkt sich wieder herunter. Die Güllener tragen Tische herein, die Tischtücher erbärmlich zerfetzt. Gedeck, Speisen, ein Tisch in der Mitte, einer links und einer rechts, parallel zum Publikum. Der Pfarrer kommt aus dem Hintergrund. Weitere Güllener strömen herein, einer im Turnerleibchen. Der Bürgermeister, der Arzt, der Lehrer, der Polizist erscheinen wieder. Die Güllener klatschen Beifall. Der Bürgermeister kommt zur Bank, wo Claire Zachanassian und Ill sitzen, die Bäume sind wieder zu Bürgern geworden und haben sich nach hinten begeben. DER BÜRGERMEISTER Der Beifallssturm galt Ihnen, ver- ehrte gnädige Frau. CLAIRE ZACHANASSIAN Er gilt der Stadtmusik, Bürgermei- ster. Sie bläst vortrefflich, und vorhin die Pyramide des Turnvereins war wunderschön. Auf einen Wink des Bürgermeisters hin präsentiert sich der Turner den Anwesenden. CLAIRE ZACHANASSIAN Ich liebe Männer in Leibchen und kurzen Hosen. Sie sehen so natürlich aus. Turnen Sie Erster Akt 41 nochmal. Schwingen Sie jetzt die Arme nach hinten, Herr Turner, und dann gehen Sie in den Liegestütz. Der Turner befolgt ihre Anweisungen. CLAIRE ZACHANASSIAN Wundervoll, diese Muskeln! Ha- ben Sie schon jemanden erwürgt mit Ihren Kräften? Der Turner in Liegestützstellung sinkt vor Verwunde- rung auf die Knie. DER TURNER Erwürgt? ILL lachend Einen goldenen Humor besitzt die Klara! Zum Totlachen, diese Bonmots! DER ARZT Ich weiß nicht! Solche Späße gehen durch Mark und Bein. Turner nach hinten. DER BÜRGERMEISTER Darf ich Sie zum Tisch begleiten? Er führt Claire Zachanassian zum Tisch in der Mitte, stellt ihr seine Frau vor. Meine Gattin. CLAIRE ZACHANASSIAN betrachtet die Gattin durch ihr Lorgnon Annettchen Dummermuth, unsere Klassen- erste. Ill holt seine Frau, sie ist ausgemergelt, verbittert. CLAIRE ZACHANASSIAN Mathildchen Blumhard. Erinnere mich, wie du hinter der Ladentüre auf Alfred lauertest. Mager bist du geworden und bleich, meine Gute. ILL heimlich Millionen hat sie versprochen! 42 Der Besuch der alten Dame DER BÜRGERMEISTER schnappt nach Luft Millionen? ILL Millionen. DER ARZT Donnerwetter. CLAIRE ZACHANASSIAN Nun habe ich Hunger, Bürgermei- ster. DER BÜRGERMEISTER Wir warten nur auf Ihren Gatten, gnädige Frau. CLAIRE ZACHANASSIAN Sie brauchen nicht zu warten. Er angelt, und ich lasse mich scheiden. DER BÜRGERMEISTER Scheiden? CLAIRE ZACHANASSIAN Auch Moby wird sich wundern. Heirate einen deutschen Filmschauspieler. DER BÜRGERMEISTER Aber Sie sagten doch, sie führten eine glückliche Ehe! CLAIRE ZACHANASSIAN Jede meiner Ehen ist glücklich. Aber es war mein Jugendtraum, im Güllener Münster getraut zu werden. Jugendträume muß man ausführen. Wird feierlich werden. Alle setzen sich. Claire Zachanassian nimmt zwischen dem Bürgermeister und Ill Platz. Neben Ill sitzt Frau Ill und neben dem Bürgermeister dessen Gattin. Rechts hin- ter einem anderen Tisch der Lehrer, der Pfarrer und der Polizist, links die Vier. Weitere Ehrengäste mit Gattinnen im Hintergrund, wo das Spruchband leuchtet: Willkom- men Kläri. Der Bürgermeister steht auf, freudestrahlend, schon die Serviette umgebunden, und klopft an sein Glas. DER BÜRGERMEISTER Gnädige Frau, meine lieben Gülle- ner. Es sind jetzt fünfundvierzig Jahre her, daß Sie unser Städtchen verlassen haben, welches vom Kurfür- sten Hasso dem Noblen gegründet, so freundlich zwi- Erster Akt 43 schen dem Konradsweilerwald und der Niederung von Pückenried gebettet liegt. Fünfundvierzig Jahre, mehr als vier Jahrzehnte, eine Menge Zeit. Vieles hat sich inzwischen ereignet, viel Bitteres. Traurig ist es der Welt ergangen, traurig uns. Doch haben wir Sie, gnä- dige Frau unsere Kläri - Beifall - nie vergessen. Weder Sie, noch Ihre Familie. Die prächtige, urge- sunde Mutter, die ganz in ihrer Ehe aufging Ill flüstert ihm etwas zu - leider allzufrüh entschwunden, der volkstümliche Vater, der beim Bahnhof ein von Fachkreisen und Laien stark besuchtes Ill flüstert ihm etwas zu stark beachtetes Gebäude errichtete, leben in Gedanken noch unter uns, als unsere Besten, Wackersten. Und gar Sie, gnädige Frau - als blond - Ill flüstert ihm etwas zu rotgelockter Wildfang tollten Sie durch unsere nun leider verlotterten Gassen - wer kannte Sie nicht. Schon damals spürte jeder den Zau- ber Ihrer Persönlichkeit, ahnte den kommenden Auf- stieg zu der schwindelnden Höhe der Menschheit. Er zieht das Notizbüchlein hervor. Unvergessen sind Sie geblieben. In der Tat. Ihre Leistung in der Schule wird noch jetzt von der Lehrerschaft als Vorbild hingestellt, waren Sie doch besonders im wichtigsten Fach erstaunlich, in der Pflanzen- und Tierkunde, als Aus- druck Ihres Mitgefühls zu allem Kreatürlichen, Schutzbedürftigen. Ihre Gerechtigkeitsliebe und Ihr Sinn für Wohltätigkeit erregte schon damals die Bewunderung weiter Kreise. Riesiger Beifall. Hatte doch unser Kläri einer armen alten Witwe Nahrung verschafft, indem sie mit ihrem mühsam bei Nachbarn verdienten Taschengeld Kartoffeln kaufte und sie so vor dem Hungertode bewahrte, um nur eine ihrer - - Der Besuch der alten Dame barmherzigen Handlungen zu erwähnen. Riesiger Bei- fall. Gnädige Frau, liebe Güllener, die zarten Keime so erfreulicher Anlagen haben sich denn nun kräftig ent- wickelt, aus dem rotgelockten Wildfang wurde eine Dame, die die Welt mit ihrer Wohltätigkeit überschüt- tet, man denke nur an ihre Sozialwerke, an ihre Müt- tersanatorien und Suppenanstalten, an ihre Künstler- hilfe und Kinderkrippen, und so möchte ich der nun Heimgefundenen zurufen: Sie lebe hoch, hoch, hoch! Beifall. Claire Zachanassian erhebt sich. 44 CLAIRE ZACHANASSIAN Bürgermeister, Güllener. Eure selbstlose Freude über meinen Besuch rührt mich. Ich war zwar ein etwas anderes Kind, als ich nun in der Rede des Bürgermeisters vorkomme, in der Schule wurde ich geprügelt, und die Kartoffeln für die Witwe Boll habe ich gestohlen, gemeinsam mit Ill, nicht um die alte Kupplerin vor dem Hungertode zu bewahren, sondern um mit Ill einmal in einem Bett zu liegen, wo es bequemer war als im Konradsweilerwald oder in der Peterschen Scheune. Um jedoch meinen Beitrag an eure Freude zu leisten, will ich gleich erklären, daß ich bereit bin, Güllen eine Milliarde zu schenken. Fünf- hundert Millionen der Stadt und fünfhundert Millio- nen verteilt auf alle Familien. Totenstille. DER BÜRGERMEISTER stotternd Eine Milliarde. Alle immer noch in Erstarrung. Erster Akt CLAIRE ZACHANASSIAN Unter einer Bedingung. Alle brechen in einen unbeschreiblichen Jubel aus. Tan- zen herum, stehen auf die Stühle, der Turner turnt usw. Ill trommelt sich begeistert auf die Brust. 45 ILL Die Klara! Goldig! Wunderbar! Zum Kugeln! Voll und ganz mein Zauberhexchen! Er küßt sie. DER BÜRGERMEISTER Unter einer Bedingung, haben gnä- dige Frau gesagt. Darf ich diese Bedingung wissen? CLAIRE ZACHANASSIAN Ich will die Bedingung nennen. Ich gebe euch eine Milliarde und kaufe mir dafür die Gerechtigkeit. Totenstille. DER BÜRGERMEISTER Wie ist dies zu verstehen, gnädige Frau? CLAIRE ZACHANASSIAN Wie ich es sagte. DER BÜRGERMEISTER Die Gerechtigkeit kann man doch nicht kaufen! CLAIRE ZACHANASSIAN Man kann alles kaufen. DER BÜRGERMEISTER Ich verstehe immer noch nicht. CLAIRE ZACHANASSIAN Tritt vor, Boby. Der Butler tritt von rechts in die Mitte zwischen die drei Tische, zieht die dunkle Brille ab. DER BUTLER Ich weiß nicht, ob mich noch jemand von euch erkennt. DER LEHRER Der Oberrichter Hofer. DER BUTLER Richtig. Der Oberrichter Hofer. Ich war vor Der Besuch der alten Dame fünfundvierzig Jahren Oberrichter in Güllen und kam dann ins Kaffiger Appellationsgericht, bis mir vor nun fünfundzwanzig Jahren Frau Zachanassian das Ange- bot machte, als Butler in ihre Dienste zu treten. Ich habe angenommen. Eine für einen Akademiker viel- leicht etwas seltsame Karriere, doch die angebotene Besoldung war derart phantastisch – 46 CLAIRE ZACHANASSIAN Komm zum Fall, Boby. DER BUTLER Wie ihr vernommen habt, bietet Frau Claire Zachanassian eine Milliarde und will dafür Gerechtig- keit. Mit anderen Worten: Frau Claire Zachanassian bietet eine Milliarde, wenn ihr das Unrecht wiedergut- macht, das Frau Zachanassian in Güllen angetan wurde. Herr Ill, darf ich bitten. Ill steht auf, bleich, gleichzeitig erschrocken und verwun- dert. ILL Was wollen Sie von mir? DER BUTLER Treten Sie vor, Herr Ill. ILL Bitte. Er tritt vor den Tisch rechts. Lacht verlegen. Zuckt die Achseln. DER BUTLER Es war im Jahre 1910. Ich war Oberrichter in Güllen und hatte eine Vaterschaftsklage zu behandeln. Claire Zachanassian, damals Klara Wäscher, klagte Sie, Herr Ill, an, der Vater ihres Kindes zu sein. Ill schweigt. DER BUTLER Sie bestritten damals die Vaterschaft, Herr Ill. Sie hatten zwei Zeugen mitgebracht. ILL Alte Geschichten. Ich war jung und unbesonnen. Erster Akt 47 CLAIRE ZACHANASSIAN Führt Koby und Loby vor, Toby und Roby. Die beiden kaugummikauenden Monstren führen die beiden blinden Eunuchen, die sich fröhlich an der Hand halten, in die Mitte der Bühne. DIE BEIDEN Wir sind zur Stelle, wir sind zur Stelle! DER BUTLER Erkennen Sie die beiden, Herr Ill? Ill schweigt. DIE BEIDEN Wir sind Koby und Loby, wir sind Koby und Loby. ILL Ich kenne sie nicht. DIE BEIDEN Wir haben uns verändert, wir haben uns verändert. DER BUTLER Nennt eure Namen. DER ERSTE Jakob Hühnlein, Jakob Hühnlein. DER ZWEITE Ludwig Sparr, Ludwig Sparr. DER BUTLER Nun, Herr Ill. ILL Ich weiß nichts von ihnen. DER BUTLER Jakob Hühnlein und Ludwig Sparr, kennt ihr Herrn Ill? DIE BEIDEN Wir sind blind, wir sind blind. DER BUTLER Kennt ihr ihn an seiner Stimme? DIE BEIDEN An seiner Stimme, an seiner Stimme. DER BUTLER 1910 war ich der Richter und ihr die Zeugen. Was habt ihr geschworen, Ludwig Sparr und Jakob Hühnlein, vor dem Gericht zu Güllen? DIE BEIDEN Wir hätten mit Klara geschlafen, wir hätten mit Klara geschlafen. 48 Der Besuch der alten Dame DER BUTLER So habt ihr vor mir geschworen. Vor dem Gericht, vor Gott. War dies die Wahrheit? DIE BEIDEN Wir haben falsch geschworen, wir haben falsch geschworen. DER BUTLER Warum, Ludwig Sparr und Jakob Hühnlein? DIE BEIDEN Ill hat uns bestochen, Ill hat uns bestochen. DER BUTLER Womit? DIE BEIDEN Mit einem Liter Schnaps, mit einem Liter Schnaps. CLAIRE ZACHANASSIAN Erzählt nun, was ich mit euch getan habe, Koby und Loby. DER BUTLER Erzählt es. DIE BEIDEN Die Dame ließ uns suchen, die Dame ließ uns suchen. DER BUTLER So ist es. Claire Zachanassian ließ euch suchen. In der ganzen Welt. Jakob Hühnlein war nach Kanada ausgewandert und Ludwig Sparr nach Austra- lien. Aber sie fand euch. Was hat sie dann mit euch getan? DIE BEIDEN Sie gab uns Toby und Roby. Sie gab uns Toby und Roby. DER BUTLER Und was haben Toby und Roby mit euch gemacht? DIE BEIDEN Kastriert und geblendet, kastriert und ge- blendet. DER BUTLER Dies ist die Geschichte: Ein Richter, ein Angeklagter, zwei falsche Zeugen, ein Fehlurteil im Jahre 1910. Ist es nicht so, Klägerin? Claire Zachanassian steht auf. ILL stampft auf den Boden Verjährt, alles verjährt! Eine alte, verrückte Geschichte. Erster Akt DER BUTLER Was geschah mit dem Kind, Klägerin? CLAIRE ZACHANASSIAN leise Es lebte ein Jahr. DER BUTLER Was geschah mit Ihnen? CLAIRE ZACHANASSIAN Ich wurde eine Dirne. DER BUTLER Weshalb? CLAIRE ZACHANASSIAN Das Urteil des Gerichts machte mich dazu. 49 Der Butler Und nun wollen Sie Gerechtigkeit, Claire Zachanassian? CLAIRE ZACHANASSIAN Ich kann sie mir leisten. Eine Mil- liarde für Güllen, wenn jemand Alfred Ill tötet. Totenstille. FRAU ILL stürzt auf Ill zu, umklammert ihn Fredi! ILL Zauberhexchen! Das kannst du doch nicht fordern! Das Leben ging doch längst weiter! CLAIRE ZACHANASSIAN Das Leben ging weiter, aber ich habe nichts vergessen, Ill. Weder den Konradsweiler- wald noch die Petersche Scheune, weder die Schlaf- kammer der Witwe Boll noch deinen Verrat. Nun sind wir alt geworden, beide, du verkommen und ich von den Messern der Chirurgen zerfleischt, und jetzt will ich, daß wir abrechnen, beide: Du hast dein Leben gewählt und mich in das meine gezwungen. Du woll- test, daß die Zeit aufgehoben würde, eben, im Wald unserer Jugend, voll von Vergänglichkeit. Nun habe ich sie aufgehoben, und nun will ich Gerechtigkeit, Gerechtigkeit für eine Milliarde. Der Bürgermeister steht auf, bleich, würdig. so Der Besuch der alten Dame DER BÜRGERMEISTER Frau Zachanassian: Noch sind wir in Europa, noch sind wir keine Heiden. Ich lehne im Namen der Stadt Güllen das Angebot ab. Im Namen der Menschlichkeit. Lieber bleiben wir arm denn blut- befleckt. Riesiger Beifall. CLAIRE ZACHANASSIAN Ich warte.