E.T.A. Hoffmanns "Der Sandmann" - Wahnsinn trifft Wirklichkeit
Hoffmanns Erzählung aus dem Jahr 1817 zeigt perfekt die dunkle Seite der Romantik. Student Nathanael kann nach der Begegnung mit dem Wetterglashändler Coppola nicht mehr zwischen Realität und Einbildung unterscheiden - er sieht in ihm den gefürchteten Sandmann seiner Kindheit.
Die Erzählperspektive wechselt ständig zwischen Brief-Ich-Erzähler und auktorialem/personalem Erzählen. Das macht uns als Leser genauso unsicher wie Nathanael: Was ist echt, was ist Wahnsinn? Diese Verwirrung ist Hoffmanns Absicht.
Clara verkörpert die Aufklärung - rational, vernünftig, bodenständig. Olimpia dagegen ist ein Automat, eine Puppe, die trotz ihrer Starrheit dem damaligen Frauenideal entspricht. Hoffmann kritisiert damit eine Gesellschaft, die mechanisches Verhalten von Frauen bevorzugt.
Nathanaels Lebenskurve führt vom Gleichgewicht in den Wahnsinn: Erst stabile Kindheit und Studium, dann Begegnung mit Coppola, Liebe zur Puppe Olimpia, kurze Erholung durch Clara, schließlich Suizid nach erneutem Realitätsverlust.
Schlüsselmotiv: Die Augen ziehen sich durch die ganze Erzählung - als Spiegel der Seele, aber auch als trügerisches Wahrnehmungsorgan, das die Realität verzerrt.