Analyse und Deutung
Das 1774 veröffentlichte Gedicht zeigt in sieben unregelmäßigen Strophen den Entwicklungsprozess des Prometheus. Von der kindlichen Naivität ("Da ich ein Kind war, nicht wußte, wo aus, wo ein") bis zur vollständigen Selbstermächtigung führt uns Goethe durch die Emanzipationsgeschichte des Titans.
Besonders eindrucksvoll sind die rhetorischen Fragen, mit denen Prometheus Zeus konfrontiert: "Wer half mir wider der Titanen Übermut?" und "Ich dich ehren? Wofür?". Diese Fragen wirken wie verbale Schläge und verdeutlichen die emotionale Intensität des Gedichts. Der Einsatz der Anapher "Hat" verstärkt diesen Effekt zusätzlich.
Der Höhepunkt des Gedichts findet sich in der letzten Strophe, wo sich Prometheus als autonomer Schöpfer präsentiert: "Hier sitz' ich, forme Menschen nach meinem Bilde, ein Geschlecht, das mir gleich sei". Der einzige Reim des Gedichts erscheint bezeichnenderweise am Ende mit "zu freuen sich" und "wie ich" – eine formale Besonderheit, die die inhaltliche Botschaft unterstreicht.
Merk dir: Das Ende des Gedichts mit dem nachdrücklichen "Wie ich!" zeigt das selbstbewusste Individuum, das sich von göttlicher Bevormundung befreit hat – ein Kerngedanke der Sturm-und-Drang-Bewegung.